19.06.2015Weltflüchtlingstag: Traumatisierte schlecht versorgt
BPtK fordert, Flüchtlingszentren zur Behandlung zu ermächtigen

(BPtK) Das deutsche Gesundheitssystem versorgt psychisch kranke Flüchtlinge sehr unzureichend. Rund 40 Prozent der Asylsuchenden in Deutschland leiden aufgrund extrem belastender Erlebnisse in ihren Heimatländern und auf der Flucht unter einer Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS). Von den rund 200.000 Menschen, die 2014 in Deutschland Asyl suchten, benötigen deshalb rund 80.000 eine Behandlung. Von ihnen erhalten jedoch tatsächlich nur circa fünf Prozent eine Psychotherapie. Und das, obwohl Psychotherapie für PTBS nach Leitlinien die empfohlene Behandlungsmethode ist. „Die Versorgung von psychisch kranken Flüchtlingen muss sich umgehend verbessern“, kritisiert Dr. Dietrich Munz, Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) anlässlich des Weltflüchtlingstags am 20. Juni 2015. „Flüchtlinge sind besonders schutzbedürftig. Sie dürfen nicht wie Patienten zweiter Klasse behandelt werden.“

Flüchtlinge können die Angebote des deutschen Gesundheitssystems nur sehr eingeschränkt nutzen. Für psychisch kranke Flüchtlinge hat daran auch die Novelle des Asylbewerberleistungsgesetzes, die seit 1. März 2015 in Kraft ist, kaum etwas geändert. Die Behandlung von psychisch kranken Flüchtlingen übernehmen im Wesentlichen die psychosozialen Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer. Sie führen rund 3.600 Psychotherapien pro Jahr durch. Die Zentren finanzieren sich jedoch bisher nicht über die gesetzliche Krankenversicherung, sondern über andere, häufig befristete öffentliche Mittel. „Die Flüchtlingszentren sollten in ausreichendem Umfang Psychotherapie für Flüchtlinge anbieten können“, fordert BPtK-Präsident Munz. „Dafür sollten die Psychotherapeuten, die in diesen Zentren arbeiten, ermächtigt werden, mit der gesetzlichen Krankenversicherung abzurechnen.“

Die Zulassungsausschüsse der Länder können nach § 31 der Zulassungsverordnung für Ärzte auch angestellte Psychotherapeuten in Einrichtungen berechtigen, wie ihre niedergelassenen Kollegen mit der gesetzlichen Krankenversicherung abzurechnen, wenn dies notwendig ist, um eine begrenzte Personengruppe zu versorgen.

Niedergelassene Psychotherapeuten können nur begrenzt zur Versorgung von psychisch kranken Asylsuchenden beitragen. Bei ihnen bestehen Wartezeiten auf ein erstes Gespräch von durchschnittlich drei Monaten. Außerdem finanziert die gesetzliche Krankenversicherung keine Dolmetscher, ohne die eine Psychotherapie bei Flüchtlingen meist nicht möglich ist.

 
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