23.06.08 LP-Tag 2008 — Podiumsdiskussion
Kurzstatements der Diskutanten zu den Perspektiven der psychotherapeutischen Versorgung
Für die Podiumsdiskussion des Landespsychotherapeutentages 2008 am 5. Juli in Stuttgart liegen nun die Kurzstatements der Podiumsteilnehmer vor. Andreas Vogt, Leiter der Landesvertretung der Techniker Krankenkasse Baden-Württemberg, zieht eine positive Bilanz aus 10 Jahren PTG. Die Psychotherapie sei zu einem festen Baustein der gesundheitlichen Breitenversorgung in Deutschland geworden. Psychische Erkrankungen stünden für die GKVen im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit, da sie einen wachsenden, hochrelevanten Ausgabenbereich darstellten. Gesucht würden dabei Versorgungswege, die messbare Effizienzgewinne gewährleisteten.

Ebenfalls ein positives Fazit zieht Birgitt Bender, MdB für die Grünen und Mitglied im Gesundheitsausschuss des Bundestages. Aktuelle Zahlen u.a. aus Versichertenstudien (TK, GEK) zeigten die Notwendigkeit einer guten psychotherapeutischen Versorgung. Sie plädiert für eine Versorgungsstudie, die über den Tellerrand einer Krankenkasse hinausschaut. Auf der gesundheitspolitischen Agenda stehe aktuell die Frage der Quoten für ärztliche sowie Kinder- und JugendlichenpsychotherapeutInnen sowie in der nächsten Wahlperiode die Weiterentwicklung der Psychotherapieausbildung. In diesem Zug sollte auch das Problem der vielfach fehlenden Vergütung der PiAs während des einjährigen Praktikums gelöst werden. Besonders am Herz liege Birgitt Bender die Integrierte Versorgung sowie die Prävention und betriebliche Gesundheitsförderung.

Prof. Dr. Harald Rau (Zieglersche Anstalten), der die Position der stationären Psychotherapeuten vertritt, fordert eine mehr somatisch-medizinische Ausrichtung in Studium und psychotherapeutischer Ausbildung, die Zulassung Psychologischer PsychotherapeutInnen nach absolvierter Ausbildung zur Verordnung von Psychopharmaka und die Schaffung der formalen Voraussetzungen für die Übernahme von Leitungsfunktionen und Nacht- und Wochenenddiensten in Akut- und Rehabilitationskliniken.

Jürgen Doebert, für die niedergelassenen Psychotherapeuten auf dem Podium, sieht v.a. drei Herausforderungen für die Zukunft: 1. die Arbeit an dem Konflikt zwischen dem Anspruch der Patienten auf eine angemessen lange und damit ruhige Behandlung und langen Wartezeiten für einen Therapieplatz. Eine erste Perspektive dafür deute sich z.B. durch eine bessere Ausnutzung vorhandener Versorgungsaufträge und die Änderung der Bedarfsplanung, an. 2. die Vermeidung einer unreflektierten Anpassung an den sich u.a. durch immer kürzer werdenden 'Interventionen' ausdrückenden Zeitgeist und 3. die Verbesserung den Zusammenarbeit der Psychotherapeutenverbände (auch der ärztlichen) mit dem Ziel, eine Zersplitterung der Psychotherapeuten zu verhindern und gemeinsam eine sinnvolle Weiterentwicklung der weltweit ausgezeichneten psychotherapeutischen Versorgung zu erreichen.

Thomas Merz schließlich hebt für die Beratungsstellen hervor, dass v.a. im Jugendhilfebereich, in der ambulanten Suchtkrankenhilfe und in der psychiatrischen Nachsorge ein flächendeckendes Beratungsangebot für verschiedenartige psychosoziale Problemlagen zur Verfügung stellten und damit einen unverzichtbaren Beitrag zur psychosozialen Versorgung leisteten. Obwohl psychotherapeutische Angebote fester Bestandteil viele Beratungsstellen seinen, seien Tendenzen erkennbar, diese aus Finanzierungsgesichtspunkten auszulagern. Darüber hinaus stellt er für den Klinik/Rehabereich in Frage, inwieweit die von ökonomischen Grundlagen von Gesundheitskonzernen bestimmten Behandlungskonzepte für psychisch Kranke sich mit den Leitvorstellungen unserer Heilberufe vereinbaren könnten.

Nach Rudi Bittner, Psychologe im Vorstand der KV Bayern, haben die letzten Jahre eindrucksvoll unterstrichen, dass Psychotherapie sowohl für die Behandlung psychischer Erkrankungen als auch psychischer Faktoren bei körperlichen Krankheiten im System der GKV unverzichtbar sei. Dabei warnte er die Psychotherapeuten vor einer Aufgabe der kollektivvertraglichen Regelungen, wie sie im KV-System vorhanden sind, zugunsten von selektiven Verträgen. Letztere seien vorrangige an wirtschaftlichen Interessen ausgerichtet und gingen an den Bedürfnissen der Patienten vorbei. In einer vernünftigen Gesundheitsversorgung hält Bittner folgende beispielhafte Punkte für unverzichtbar: den Erstzugang zum Psychotherapeuten, die Gleichstellung somatisch und psychisch Kranker, eine deutliche Erhöhung der Finanzmittel für Psychotherapie sowie die ausreichende Vergütung der PiAs im Praktischen Jahr.


 
zurück  nach oben  diese Seite drucken
© LPK-BW   http://www.lpk-bw.de
lpktop4.jpg