27.6.08 Drastischer Personalabbau in der Jugendhilfe
(BPtK) Kommunen und Länder haben in den vergangenen Jahren insbesondere bei hilfebedürftigen und gefährdeten Kindern und Jugendlichen gespart. Kinder und Jugendliche in schwierigen Lebenssituationen gehören zu den großen Verlierern in der Jugendhilfe der Jahre 2002 bis 2006.
Stationäre Einrichtungen der Jugendhilfe verringerten in dieser Zeit ihr Personal um rund sechs Prozent, ambulante und teilstationäre Erziehungshilfen kürzten um ca. 13 Prozent. In der Jugendarbeit entfiel fast jeder dritte Arbeitsplatz, in der Behindertenhilfe ungefähr jeder fünfte. Das sind die Ergebnisse einer Analyse der Kinder- und Jugendhilfe, die das Deutsche Jugendinstitut (DJI) auf dem Jugendhilfetag 2008 in Essen vorstellte. "Kommunen und Länder sparten vor allem bei den Kindern, die besonders auf staatliche Unterstützung angewiesen sind", kritisierte Prof. Dr. Rainer Richter, Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK). "Gerade für Kinder und Jugendliche, bei denen sich z. B. familiäre Konflikte krisenhaft zuspitzen, sind immer weniger Helfer, z. B. vom Jugendamt, verfügbar."
"Hilfen zur Erziehung" machen das zweitgrößte Arbeitsfeld der Kinder- und Jugendhilfe aus. Obwohl die Fallzahlen hilfsbedürftiger Kinder und Jugendlicher steigen, stellt die Jugendhilfe für sie immer weniger staatliche Helfer bereit. Dies ist möglich, weil einerseits eine zunehmende Arbeitsverdichtung festzustellen ist. Leistungen werden heute oft mit einem geringeren wöchentlichen Stundenumfang als noch vor Jahren erbracht. Andererseits werden Hilfen zur Erziehung vermehrt von Honorarkräften geleistet. "Neben dem Umfang ist damit wahrscheinlich auch die Qualität der staatlichen Hilfen zur Erziehung zurückgegangen", stellte BPtK-Präsident Richter fest. Psychotherapeutische Leistungen würden beispielsweise in der Jugendhilfe an nicht approbierte Honorarkräfte delegiert. "Die Eltern können aber nicht auf niedergelassene Kinder- und Jugendpsychotherapeuten zurückgreifen, weil es davon viel zu wenige gibt." Für das DJI sind die Ergebnisse der Analysen insgesamt ernüchternd. Der Personalabbau in fast allen Arbeitsfeldern der Jugendhilfe könne zwar zu einem geringen Anteil durch den demografiebedingten Rückgang der Altersjahrgänge im Kindes- und Jugendalter gerechtfertigt werden. Der größte Teil sei jedoch die Folge der rigiden Sparpolitik von Kommunen und Ländern. Ein besserer Schutz von Kindern und Jugendlichen in prekären Lebenssituationen sei so nicht zu erreichen.
Weitergehende Analysen zur Personalentwicklung in der Kinder- und Jugendhilfe und die differenzierte Betrachtung des Arbeitsfeldes der Erziehungshilfen finden sich in einem Jubiläumsheft von KomDat Jugendhilfe zum Jugendhilfetag 2008.

 
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