20.11.08 13. Deutscher Psychotherapeutentag in Leipzig
(BPtK /LPK) Am 15. November 2008 fand in Leipzig der 13. Deutsche Psychotherapeutentag statt. Seine zentralen Themen waren neben dem GKV-Organisationsweiterentwicklungsgesetz (GKV-OrgWG) und dem Reformgesetz zur Krankenhausfinanzierung (KHRG) auch die Aus- und Weiterbildung.

Die sächsische Staatsministerin für Soziales, Frau Christine Ursula Clauß, und die Präsidentin der OPK, Frau Andrea Mrazek, begrüßten die Delegierten in Leipzig. Frau Mrazek dankte anlässlich der Eröffnung des 13. DPT den "älteren" Landespsychotherapeutenkammern für die Unterstützung der OPK in der Gründungsphase. Die OPK, so Frau Mrazek, betrete seither Neuland. Als länderübergreifende Kammer habe man gelernt, dass der Wille zur Einigung und die Verpflichtung auf eine gemeinsame Sache zu einer erfolgreichen länder-, verfahrens- und verbandsübergreifenden Kooperation führen könnten. Dies, so Frau Mrazek, sei eine Erfahrung, von der DPT, Länderrat und BPtK profitieren könnten.

Folgende Themen wurden anschließen behandelt und diskutiert:

Zunächst einmal konnte BPtK-Präsident Prof. Dr. Rainer Richter positiv über die Verabschiedung des GKV-OrgWG berichten. Sowohl die Durchsetzung einer 20-prozentigen Mindestquote für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie, als auch die Einführung der Ausschreibung von halben Praxissitzen war gelungen. Außerdem wird mit dem GKV-OrgWG die Altersgrenze für Ärzte, Zahnärzte und Psychotherapeuten aufgehoben. Die bisherige Altersgrenze von 68 Jahren für den Niedergelassenenbereich fällt zum 1. Januar 2009. Viele ältere Psychotherapeuten begrüßten, so Richter, diese Lösung. Für junge Psychotherapeuten, die nach erfolgreicher Approbation eine Niederlassungsmöglichkeit suchten, verenge sich damit allerdings das Angebot an Praxissitzen weiter. Die Möglichkeit, einen vollen Versorgungsauftrag auf einen halben zu reduzieren, wenn man im Alter nicht mehr umfassend tätig sein wolle, könne etwas Entlastung für die nachrückende Generation schaffen.

Andrea Mrazek stellte in ihrer Funktion als BPtK-Vorstand anschließend die zentralen Inhalte des Krankenhausfinanzierungsreformgesetzes (KHRG, BT-Drs. 16/10807) vor. Der Gesetzentwurf war am 12. November zur 1. Lesung im Deutschen Bundestag. Die Anhörung im Gesundheitsausschuss findet am 24. November statt. Die 2. und 3. Lesung im Deutschen Bundestag sind am 19. Dezember geplant. Mrazek schilderte die aus Sicht der BPtK positiven Weichenstellungen des Gesetzentwurfes, so unter anderem die geplante Einführung eines pauschalierenden, tagesbezogenen Entgeltsystems für psychiatrische und psychosomatische Krankenhäuser oder den neuen Prüfauftrag, für bestimmte Leistungsbereiche (z. B. sektorübergreifende Leistungen) andere Abrechnungsmodelle als tagesbezogene Entgelte zu erwägen und die Beteiligung der BPtK an der Entwicklung des Entgeltsystems. Grundsätzlich positiv sei aus Sicht der BPtK, dass Psychiatrie und Psychosomatik mit dem KHRG die Option erhalten sollten, mit den Krankenkassen über eine bessere Umsetzung der Psychiatrie-Personalverordnung (Psych-PV) zu verhandeln.Mrazek machte deutlich, dass bei der Entwicklung des Entgeltsystems für Einrichtungen der Psychiatrie und Psychosomatik psychotherapeutischer Sachverstand unverzichtbar sei. Der BPtK-Vorstand schlug deshalb dem DPT vor, das Mandat der Krankenhauskommission auf die Entwicklungs- und Umsetzungsphase des neuen Entgeltsystems auszudehnen und zu verlängern. Der DPT folgte diesem Antrag. Die Mitglieder der Krankenhauskommission sind bereit, diese Aufgabe zu übernehmen. Mrazek forderte, die BPtK auch an der Weiterentwicklung des Entgeltsystems der somatischen Krankenhäuser zu beteiligen. Ein zentrales Anliegen der BPtK bei der Krankenhausfinanzierung sei, so Frau Mrazek, auch eine gesicherte Vergütung für Psychotherapeuten in Ausbildung. Mrazek erinnerte daran, dass 57 Prozent der Ausbildungsteilnehmer während ihrer praktischen Tätigkeit im Krankenhaus nicht keine Vergütung erhielten. Nur 13 Prozent erhielten bis 1.000 Euro, immerhin 9,7 Prozent zwischen 1.000 und 1.500 Euro und nur 9,4 Prozent über 1.500 Euro. Eine angemessene Vergütung von Psychotherapeuten in Ausbildung werde regelmäßig mit dem Argument abgelehnt, dass die Ausgaben nicht pflegesatzfähig seien. Das KHRG biete jetzt die Chance, eine solche gesetzliche Regelung zu schaffen, stellte Mrazek fest. Die BPtK werde sich dafür einsetzen.

Ein weiteres Thema war die Stigmatisierung psychisch kranker Menschen durch private Krankenversicherungen, Berufsunfähigkeits- und Lebensversicherungen. Psychisch kranke Menschen erhalten, selbst wenn eine erfolgreiche Behandlung Jahre zurückliegt, gar keinen oder nur einen eingeschränkten Versicherungsschutz. Der DPT forderte den BPtK-Vorstand auf, sich verstärkt in die Debatte um eine Weiterentwicklung der Patientenrechte einzubringen. Patienten hätten nicht nur ein Recht auf Behandlung, sie hätten auch ein Recht darauf, infolge einer Behandlung nicht diskriminiert zu werden.

Im Mittelpunkt des DPT stand außerdem die Frage nach der Zukunft der Psychotherapieausbildung. BPtK-Präsident Rainer Richter informierte die Delegierten über den Stand der Diskussion infolge der Anpassungsprozesse an die Bachelor-/Mastersystematik. Richter wies darauf hin, dass neben den divergierenden Zugangsvoraussetzungen (für PP Master in Psychologie, für KJP Master in Psychologie oder Bachelor in (Sozial-)Pädagogik) auch die praktische Tätigkeit, ihre inhaltliche Konzeption, aber insbesondere die fehlenden Regelungen zur Vergütung ein Anlass für die Profession seien, über eine Reform des Psychotherapeutengesetzes nachzudenken. Derzeit ist ein Forschungsgutachten in Vorbereitung, welches die Ausbildungsregelung des Psychotherapeutengesetzes bilanzieren und bewerten soll. Die Ergebnisse dazu liegen voraussichtlich im Frühjahr 2009 vor. Die BPtK hat durch interne Workshops eine Plattform geschaffen, um über die Thematik einen offenen Meinungsaustausch und freien Diskurs zu ermöglichen - ohne durch die Veröffentlichung divergierender Positionen den erreichten Status quo zu gefährden. Ende Januar, kündigte Richter an, werde eine gemeinsame Veranstaltung mit dem Gutachtergremium stattfinden, um der Profession die Gelegenheit zu geben, sich mit ersten Zwischenergebnissen des Forschergremiums auseinanderzusetzen.Richter appellierte an die Delegierten, sich nicht vorab festzulegen und der Profession Zeit für Diskussionen zu lassen. Eine Entschleunigung der Debatte sei angemessen, da es gesetzliche Reformen erst in der nächsten Legislaturperiode geben könne - also frühestens 2010. Ziel des BPtK-Vorstands sei es, dem 14. DPT im Mai 2009 ein umfassendes Meinungsbild der Profession vor dem Hintergrund der Ergebnisse des Forschungsgutachtens zu präsentieren. Die Zukunft der Ausbildung solle das Schwerpunktthema des 14. DPT werden. Eine zu frühe Festlegung in der Debatte solle vermieden werden, auch um einen möglichst breiten Konsens der Psychotherapeutenschaft zu diesem Thema nicht zu gefährden.

Im Nachgang zum 12. DPT hatte die BPtK bei den Landespsychotherapeutenkammern sowie Berufs- und Fachverbänden nachgefragt, für welche Bereiche eine Weiterentwicklung der Musterweiterbildungsordnung zu prüfen sei. Ausgangspunkt der Überlegungen ist eine Musterweiterbildungsordnung, die sich auf Zusatzbezeichnungen beschränkt und grundsätzlich keine Gebietsbezeichnungen vorsieht. Insgesamt hätten die Rückmeldungen der Landespsychotherapeutenkammern und der Fachgesellschaften hinsichtlich der Prüfung einer Weiterentwicklung der Musterweiterbildungsordnung ein heterogenes Bild ergeben, fasste der BPtK-Präsident zusammen. Deutlich werde, dass es keine Präferenz für Klinische Somatopsychologie insgesamt gebe, sondern für einzelne Felder, wie z. B. Psychodiabetologie, Psychoonkologie oder Schmerztherapie.
Der Vorstand der BPtK schlage vor diesem Hintergrund vor, drei Fachkommissionen einzurichten, die prüfen, inwieweit zu den Themen Qualitätsmanagement, Psychoonkologie und Psychotraumatologie eine Weiterentwicklung der Musterweiterbildungsordnung sinnvoll sein könnte. Mit der Entscheidung für Qualitätsmanagement solle eine Weiterbildung in einem Bereich geprüft werden, der sich nicht unmittelbar auf die eigentliche psychotherapeutische Tätigkeit beziehe. Mit der Psychoonkologie solle ein Bereich aus dem Feld der Klinischen Somatopsychologie geprüft werden, der sich auf Patienten mit einer (chronischen) körperlichen Erkrankung beziehe und für den zugleich auch in der Ärzteschaft Möglichkeiten für eine Weiterbildungsregelung geprüft würden. Und schließlich solle mit der Psychotraumatologie die Weiterbildung für einen Kernbereich der F-Diagnosen geprüft werden, die gemäß der Präambel der Musterweiterbildungsordnung ausgeschlossen seien. Die Delegierten sahen die Auswahl der Prüfbereiche skeptisch, insbesondere die Psychotraumatologie und damit die Prüfung im Bereich der F-Diagnosen stießen auf Kritik. Die Delegierten forderten eine ergebnisoffene Prüfung. Es müsse am konkreten Thema aufgearbeitet werden, welcher Qualifizierungsbedarf bestehe, wo und wie dieser adäquat verortet werden könne und welche Interdependenz sich für angestellte oder niedergelassene Kollegen hieraus ergebe. Zu beachten seien hierbei die Personal- und Organisationsentwicklung im Krankenhaus bzw. in den Rehabilitationseinrichtungen, die Entwicklung neuer Versorgungsformen und die Diskussion um die Weiterentwicklung der Musterweiterbildungsordnung der Ärzte. Voraussetzung für eine weitere Diskussion im DPT sei darüber hinaus eine Bestandsaufnahme der Umsetzung der Musterweiterbildungsordnung zur Klinischen Neuropsychologie und der Erfahrungen der Landespsychotherapeutenkammern, die für weitere Bereiche Weiterbildungsordnungen verabschiedet hätten. Im Übrigen hielt es der DPT für zwingend erforderlich, neben den Prüfergebnissen zu konkreten Einzelfällen auch die übergeordneten Problemstellungen aufzuarbeiten und im Rahmen einer der nächsten Bundesdelegiertenversammlungen zu debattieren. Angesichts dieses Aufgabenportfolios beschloss der DPT, eine Weiterbildungskommission einzurichten.

Die Telematikkommission der BPtK legte dem 13. DPT einen ausführlichen Bericht zu den Auswirkungen der Telematik auf die psychotherapeutische Tätigkeit vor. Außerdem präzisierte sie in einer Resolution die zentralen Probleme und Forderungen aus Sicht der Psychotherapeutenschaft. Der DPT folgte den Einschätzungen der Telematikkommission und verabschiedete die Resolution einstimmig. Die Delegierten begrüßten es ausdrücklich, dass die Kommission ihre Arbeit fortsetzen wird zum Thema "Evaluation bestehender Konzepte zur elektronischen Dokumentation und der Nutzung der Telematikinfrastruktur (eArztbrief)".

PD Dr. Frank Jacobi (TU Dresden) bereitete mit seinem Vortrag zu "Psychotherapeutische Versorgung und Versorgungsforschung" die Haushaltsentscheidungen des DPT zur Erweiterung der personellen Ressourcen der BPtK inhaltlich vor. Versorgungsforschung sei eine multidisziplinäre Wissenschaft, stellte Jacobi fest. Sie untersuche, wie Organisationsstrukturen und -prozesse des Gesundheitswesens, seine Finanzierungs- und Honorierungssysteme sowie die individuellen Verhaltensweisen von Versicherten und Patienten Qualität und Kosten der Versorgung beeinflussen. Darüber hinaus sei es Aufgabe der Versorgungsforschung, auf der Basis des durch Grundlagenforschung gewonnenen Wissens innovative Versorgungskonzepte zu entwickeln und ihre Umsetzung unter Alltagsbedingungen zu evaluieren. Insgesamt kam Jacobi zu dem Fazit, dass Versorgungsforschung einen wichtigen Einfluss auf die Weiterentwicklung der Versorgung psychisch kranker Menschen haben könne. Bei den anschließenden Haushaltsberatungen folgten die Delegierten dem Votum des BPtK-Vorstands und einem Antrag des DPT, bei der BPtK ein zusätzliches Referat "Versorgungsforschung" einzurichten. Mit den zusätzlichen personellen Ressourcen solle die BPtK, so die Delegierten des 13. DPT, Kompetenzen in diesem Bereich weiter ausbauen und sich verstärkt in die wissenschaftliche und politische Diskussion zu Themen der Versorgungsforschung einbringen.

Gerd Hoehner, stellvertretender Vorsitzender des Finanzausschusses, informierte die Delegierten über die Ergebnisse der Prüfung des Haushaltsjahres 2007 und die Haushaltsplanungen für das Jahr 2009. Der DPT entlastete daraufhin einstimmig den BPtK-Vorstand für das Haushaltsjahr 2007 und verabschiedete den Haushaltsentwurf für das Jahr 2009, der die Einrichtung einer zusätzlichen, befristeten Vollzeitstelle ermöglicht.

Dem 13. DPT lag der Entwurf einer redaktionell überarbeiteten Satzung der BPtK vor. Die Satzung fasst u. a. die Regelungen zur Berechnung der Anzahl der Delegierten jeder Landespsychotherapeutenkammer präziser, ergänzt die Wahl des Bundesvorstandes der BPtK um die Möglichkeit seiner Abwahl und konkretisiert Regelungen zum Wahlverfahren und zur Amtszeit des BPtK-Vorstands. Neu ist auch die Regelung, dass KJP-Vertreter des Vorstands und der Versammlungsleitung zum Zeitpunkt ihrer Wahl mindestens zu drei Viertel auf dem Gebiet der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie tätig sein sollten. Der DPT folgte weitgehend den Vorschlägen des Vorstandes, der seine Vorschläge auf der Basis der Vorarbeit einer Expertengruppe der Kammerjuristen vorgelegt hatte. Außerdem lag dem 13. DPT eine redaktionelle Überarbeitung der Geschäftsordnung der DPT vor. Auch hier ging es um Konkretisierungen. Sowohl die überarbeitete Geschäftsordnung als auch die Satzung traten mit Beschluss des DPT in Kraft. Sie werden in Kürze auf der Homepage der BPtK veröffentlicht werden.

Der DPT erinnerte daran, dass Drogenabhängigkeit nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts seit fast 40 Jahren als Krankheit anzusehen ist und die Behandlung daher zu den Aufgaben der gesetzlichen Krankenversicherung gehöre. Die Ergebnisse der Heroinstudie hätten gezeigt, dass die Gabe von Diamorphin (einem synthetischen Heroinderivat) an schwerstabhängige Opiatsüchtige, die ansonsten nicht erreicht bzw. nicht erfolgreich behandelt werden können, eine wirkungsvolle Behandlungsmethode mit hoher Haltequote ist. Der DPT forderte eine Änderung des Betäubungsmittelgesetzes durch Bundesrat und Bundestag. Die für die sieben Modellzentren gefundene Übergangslösung greife zu kurz. Ein Zugang zu diesem Behandlungsangebot müsse für die bundesweit geschätzt 3.000 Schwerstabhängigen möglich sein.

Der Bundestag hat den Entwurf des Gesetzes über das Bundeskriminalamt und die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in kriminalpolizeilichen Angelegenheiten (BKA-Gesetz) am 13.11.2008 verabschiedet. Dieses Gesetz wird die Befugnisse des Bundeskriminalamts wesentlich erweitern. Unter anderem sollen Online-Durchsuchungen von Computern ermöglicht werden. Der Bundesrat muss dem Gesetz noch zustimmen. Er will sich noch im November mit dem Gesetz befassen, wobei eine Zustimmung nicht als gesichert gilt. Der DPT forderte den absoluten Vertrauensschutz der psychotherapeutischen Behandlung.

Weiteres zu den Inhalten des 13. DPT und den verabschiedeten Resolutionen finden Sie auf der Seite der BPtK.

 
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