29.04.10 Neugestaltung der postgradualen Psychotherapeutenausbildung
BPtK-Symposium am 12. April 2010 in Berlin

(BPtK) Mit dem zweiten Symposium zur Zukunft der Psychotherapeutenausbildung setzten Vertreter von Landespsychotherapeutenkammern, psychotherapeutischen Berufs- und Fachverbänden, Ausbildungsinstituten und Ausbildungsteilnehmern am 12. April 2010 in Berlin Ihre Diskussion der Konkretisierung von Eckpunkten des BPtK-Vorstands zur Reform der Psychotherapeutenausbildung fort. Der Vorstand hatte seine Eckpunkte als Ergebnis einer seit zwei Jahren laufenden Debatte zur Zukunft der Psychotherapeutenausbildung dem 15. Deutschen Psychotherapeutentag (DPT) vorgestellt und war dort beauftragt worden, die Vorschläge zu präzisieren, bevor ein DPT weitergehende Entscheidungen treffen kann.

Die vier zentralen Ziele der Reformeckpunkte:

Auf einem Symposium im Februar wurden bereits die Themen "notwendige Hochschulqualifikationen" und das Konzept einer "eingeschränkten Berufsausübungserlaubnis" ausführlich diskutiert. Nun standen die Empfehlungen zur Konkretisierung der "Common Trunk"-Ausbildung und rechtliche Perspektiven im Mittelpunkt.

BPtK-Präsident Prof. Dr. Rainer Richter betonte in seiner Begrüßung, dass dem Vorstand sehr an einer intensiven Debatte der Eckpunkte und ihrer Konkretisierungen liege. Der kommende DPT im Mai werde die Psychotherapeutenausbildung als Schwerpunktthema behandeln. Der letzte DPT habe den Vorstand beauftragt, seine Eckpunkte weiter zu konkretisieren. Dies habe der Vorstand nun mit Unterstützung der Arbeitsgruppen getan. Er hoffe, durch die Debatte im Rahmen des Symposiums hier auch noch weitere Anregungen zu finden. Wenn die Notwendigkeit gesehen werde, alternative Konzepte weiter zu diskutieren und zu konkretisieren, werde der Vorstand gerne auf entsprechende Modelle eingehen und das Symposium biete Zeit auch für die Vertiefung und Erörterung alternativer Entwürfe.

I. Inhaltliche Neugestaltung einer postgradualen Psychotherapeutenausbildung

Dr. Wolfram Rosendahl präsentierte die Ergebnisse einer Arbeitsgruppe, die Vorschläge für die inhaltliche Neugestaltung einer postgradualen Psychotherapeutenausbildung erarbeitet hatte. Ziel der Ausbildung sollte dabei die Approbation zum Psychotherapeuten sein. Nach Abschluss der Ausbildung sollte es approbierten Psychotherapeuten berufsrechtlich erlaubt sein, Patienten aller Altersgruppen zu behandeln. Gleichzeitig sollte während der Ausbildung eine Schwerpunktsetzung zur Behandlung von Erwachsenen oder Kindern und Jugendlichen erfolgen. Damit würde die sozialrechtliche Berechtigung (Fachkundenachweis) erworben, in der gesetzlichen Krankenversicherung Erwachsene bzw. Kinder und Jugendliche zu behandeln. An der Arbeitsgruppe wirkten neben Dr. Rosendahl Dr. Gisela Bartling und Dr. Jutta Kahl-Popp sowie Prof. Dr. Rainer Richter, Andrea Mrazek und Peter Lehndorfer für den Vorstand der BPtK mit.

Die Arbeitsgruppe hatte die Aufgabe, die theoretischen und praktischen Anteile einer solchen Ausbildung näher zu spezifizieren. Vor allem ging es darum, den gemeinsamen Teil der Ausbildung so zu gestalten, dass die berufsrechtliche Befugnis zur Behandlung aller Altersgruppen gerechtfertigt ist und gleichzeitig die Schwerpunktausbildung so breit angelegt wird, dass damit die für den jeweiligen Altersbereich notwendigen spezifischen Kompetenzen erworben werden können. Der Gesamtumfang der postgraduierten Ausbildung sollte sich dabei gegenüber heute nicht erhöhen.

Ausbildung für einen Beruf: Gleiche und hohe Eingangsqualifikationen

Dr. Rosendahl erläuterte, dass sich die Arbeitsgruppe auf die Gestaltung der postgradualen Ausbildung beschränkt habe mit dem Ziel, politische Entscheidungen in der "Ein oder zwei Berufe"-Frage fachlich vorzubereiten. Der Arbeitsgruppe sei es dabei aber nicht möglich gewesen, die Zugangsqualifikationen für einen Beruf außen vor zu lassen. In den vorliegenden schriftlichen Ergebnissen habe sie sich dazu eindeutig positioniert.

Eine gemeinsame postgraduierte Ausbildung mit dem Ziel einer Approbation zur Behandlung aller Altersstufen erfordere gleiche und ausreichende Eingangsqualifikationen auf Masterniveau. Dies sei nach Einschätzung der Arbeitsgruppe auch die Bedingung dafür, dass Ausbildungsteilnehmer künftig mit Beginn der Ausbildung unter Anleitung und Supervision versorgungsrelevante und vergütungsfähige Leistungen erbringen könnten. In der Arbeitsgruppe sei dabei unstrittig, dass zu diesen Eingangsqualifikationen allgemeine psychologische und klinisch-psychologische Kenntnisse und Kompetenzen gehörten sowie grundlegende wissenschaftliche Methodenkompetenzen. Daneben sollten aber auch definierte Kenntnisse aus anderen Fachdisziplinen, wie der Erziehungswissenschaft, Sozialpädagogik, Soziologie und weiterer Sozial- und Humanwissenschaften, oder auch Kenntnisse aus anderen Teildisziplinen der Psychologie Bestandteil der Eingangsqualifikation sein. Dabei dürfe das gegenwärtige Niveau dieser Qualifikation keinesfalls unterschritten werden. Die inhaltliche Ausgestaltung der Ausbildung hänge maßgeblich von der Präzisierung und Festlegung dieser gleichen Eingangsqualifikationen ab.

Eine weitergehende Stellungnahme zum "Ein- oder Zwei-Berufe"-Modell sei nicht Auftrag der Arbeitsgruppe gewesen. Man habe eine fachliche Basis schaffen wollen. Die Diskussion der übergreifenden gesundheits- und bildungspolitischen Konsequenzen werde auf dem nächsten DPT stattfinden.

4.200 Stunden für gemeinsame und spezifische Ausbildungsinhalte

Zur besseren Vergleichbarkeit mit der heutigen Ausbildung von Psychologischen Psychotherapeuten (PP) und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten (KJP) hatte die Arbeitsgruppe ihr Ergebnis nach den derzeit gültigen Ausbildungsbestandteilen gegliedert, die in den §§ 2 bis 5 der Ausbildungs- und Prüfungsordnungen der PP bzw. KJP geregelt sind. Dies diene, so Rosendahl, der Veranschaulichung und stelle die in den Eckpunkten vorgeschlagenen Neugestaltungen von praktischer Tätigkeit und praktischer Ausbildung keineswegs infrage. Zu den einzelnen Bereichen erläuterte er im Folgenden Umfang und Inhalte des so genannten "Common Trunk", also der Ausbildungsbestandteile für alle Ausbildungsteilnehmer, sowie die spezifischen Inhalte der jeweiligen Schwerpunktsetzung für "Erwachsene" oder "Kinder und Jugendliche".

In Bezug auf eine praktische Tätigkeit in psychiatrischen Einrichtungen bzw. Einrichtungen der ambulanten und (teil-)stationären psychotherapeutischen Versorgung schlägt die Arbeitsgruppe vor, den heutigen Umfang von insgesamt 1.800 Stunden beizubehalten, wobei mindestens zwei Drittel in Einrichtungen der Versorgung des eigenen Schwerpunktbereichs erfolgen sollten. Bei der theoretischen Ausbildung regt die Arbeitsgruppe eine Erhöhung um 100 Stunden an, weil sie den Bedarf für 200 Stunden im "Common Trunk" und 500 Stunden im jeweiligen Schwerpunktbereich sieht. Bei der praktischen Ausbildung sehen die Empfehlungen 700 Behandlungsstunden unter Supervision vor mit mindestens sieben Patientenbehandlungen, wobei mindestens zwei Patienten mit mindestens 100 Stunden im jeweils anderen Schwerpunkt zu behandeln sind. Hinzu kommen mindestens 175 Stunden Supervision, davon mindestens 60 Stunden Einzelsupervision. Selbsterfahrung wird in einem Umfang von mindestens 150 Stunden gefordert, wobei Rosendahl hier auf unterschiedliche Auffassungen in der Arbeitsgruppe hinweist. Einige Mitglieder plädierten dafür, mindestens 50 Stunden Einzelselbsterfahrung vorzuschreiben, die anderen würden keine Notwendigkeit für einen Mindestanteil an Einzelselbsterfahrung sehen.

Insgesamt sehen die Empfehlungen weiterhin eine so genannte freie Spitze vor mit einem Umfang von 675 Stunden. Darunter sollen neben Überhängen aus anderen Ausbildungsteilen auch Literaturstudium, Prüfungsvorbereitung und der Aufwand für Falldokumentationen sowie die Vor- und Nachbereitung von Behandlungen gezählt werden können. Auch weitere Tätigkeiten, wie die kollegiale Supervision oder Intervision, oder zusätzliche Stunden für ein spezifisches Profil, wie die Gruppentherapie, übende Verfahren, Neuropsychologie, Psychotherapie im Alter oder bei Menschen mit Migrationshintergrund, fallen darunter.

Übergangsregelungen in einen neuen Beruf

Damit habe die Arbeitsgruppe die Inhalte der Ausbildung und damit die Bedingungen des Erwerbs einer Fachkunde im Rahmen der Ausbildung beschrieben, so Rosendahl. Wie in einer weiteren Qualifikation auch die Kompetenzen zur Behandlung der jeweils anderen Patientengruppe (Erwachsene bzw. Kinder und Jugendliche) erworben werden könnten, dazu habe die Arbeitsgruppe noch keine Vorschläge entwickelt. Ebenso seien noch keine Empfehlungen in Bezug auf mögliche Übergangsbestimmungen abgegeben worden. Diese würden jedoch erforderlich, wenn sich die Profession für das Ein-Berufe-Modell entscheide.

Für Ausbildungsteilnehmer, die sich bei Inkrafttreten der neuen Regelungen bereits bzw. noch in der Ausbildung befinden, müsse gewährleistet sein, dass sie ihre Ausbildung noch nach den Vorgaben der derzeit gültigen Vorschriften abschließen können. Vor dem Hintergrund des Gebots des Vertrauensschutzes und der Berufsfreiheit müsse darüber hinaus für PP und KJP im Wesentlichen mindestens ihr bisheriges Tätigkeitsspektrum erhalten bleiben. Bei anderen Berufen habe sich der Gesetzgeber häufig dazu entschieden, bei einer Verschmelzung von Berufen die alten in den neuen überzuleiten. Ein Beispiel sei die Vereinheitlichung der steuerberatenden Berufe des Steuerberaters und des Steuerbevollmächtigten. Ob und inwiefern dies auch bei Psychotherapeuten sinnvoll sei, hänge entscheidend von den Unterschieden zwischen den Berufen PP und KJP ab. Man könne z. B. darüber nachdenken, die Möglichkeit zu eröffnen, berufsrechtlich das Tätigkeitsspektrum des KJP ggf. mit einer Zusatzqualifizierung zu erweitern. Zu prüfen sei auch, ob und in welchem Umfang der Unterschied in der akademischen Qualifikation vor der eigentlichen Psychotherapeutenausbildung durch berufspraktische Erfahrungen ausglichen werde. Welche Details aber letztlich im Rahmen der Übergangsregelungen sachgerecht seien, könne erst bestimmt werden, wenn Ausbildung, Kompetenzen und Befugnisse eines neuen Psychotherapeutenberufes abschließend definiert seien.

Debatte: Konkretisierung schafft Klarheit

In der anschließenden Diskussion wurde mehrfach und von unterschiedlichen Interessengruppen hervorgehoben, dass die Empfehlungen der Arbeitsgruppe aufgrund ihrer Klarheit und Konkretheit die Debatte deutlich weiterbringen würden. Ein mögliches Ziel sei damit plastisch geworden. Vertreter universitärer Ausbildungsinstitute werteten die Ergebnisse als Beleg der Machbarkeit eines Berufs, wenn sich die Profession dafür entscheiden wolle.

Debatte: Arbeitsaufwand und Kosten

Ausbildungsteilnehmer äußerten Bedenken bezüglich des möglichen Gesamtumfangs der Ausbildung. Die Arbeitsgruppe habe diesen zwar formal nicht erhöht. Wenn aber arbeitsintensive Teile wie die praktische Ausbildung und die Anzahl der Behandlungsfälle erhöht würden, müsste die freie Spitze entsprechend abnehmen. Ansonsten sei eine Ausbildung in drei Jahren Vollzeit nicht mehr möglich. Von anderer Seite wurde vorgeschlagen, die freie Spitze ganz zu streichen, weil sie auch mit Blick auf einen kalkulierbaren Arbeitsaufwand viel zu unverbindlich sei. Vielmehr sollte der Auswand der Ausbildung künftig genauso wie in anderen Ausbildungsbereichen grundsätzlich in "Workloads" definiert werden.

Ausdrücklich einverstanden mit dem vorgeschlagenen Gesamtumfang von 4.200 Stunden waren Vertreter der universitären Ausbildungsinstitute. Dies entspreche den eigenen Vorstellungen. Bei der praktischen Ausbildung müsse allerdings geprüft werden, ob inhaltlich nicht auch eine Beschränkung auf 600 Stunden möglich sei. Dies hätte dann auch positive Auswirkungen auf den "Workload". Hier wurde von anderer Seite ergänzt, dass in der Ausbildung der PP bereits heute an vielen Instituten 100 Behandlungsstunden mit Kindern und Jugendlichen absolviert würden.

Vertreter anderer Ausbildungsinstitute wandten dagegen ein, dass die Erhöhung der Stundenzahl in der praktischen Ausbildung vom Aufwand her so viel sei, wie heute von einem PP in der Zusatzqualifikation für die sozialrechtliche Zulassung zur Behandlung von Kindern und Jugendlichen verlangt werde. Bemängelt wurde in dem Zusammenhang auch, dass die Arbeitsgruppe nicht definiert habe, was in welchem Umfang für die Qualifikation im jeweils anderen Schwerpunkt nach der Approbation zu absolvieren sei.

Der Vertreter eines verhaltenstherapeutischen Fachverbands machte deutlich, dass einer Ausweitung der Behandlungsstunden nicht zugestimmt werden könne, weil dies die Kosten der Ausbildung um ca. ein Drittel erhöhen würde. Wenn diese Stunden aber erforderlich seien für die Ausbildung zu einem Beruf, sei die Reform an dieser Stelle für ihn gescheitert. Im Übrigen könne man den Begriff "Common Trunk" damit rasch wieder aus dem psychotherapeutischen Wortschatz streichen. Schließlich sei man auch in den vergangenen Jahren sehr gut ohne ihn ausgekommen.

Im Rückblick auf das Februar-Symposium wurde gefragt, warum der Umfang der theoretischen Stunden ausgedehnt werden soll. Auf dem vorangehenden Symposium hätte die dafür zuständige Arbeitsgruppe vorgeschlagen, die 200 Stunden Grundkenntnisse in das Studium vorzuziehen. Nun seien diese 200 Stunden weiterhin in vollem Umfang in der postgradualen Ausbildung enthalten.

Die Arbeitsgruppe verwies in ihren Antworten darauf, dass Ausbildungsteilnehmer während der Ausbildung zumindest grundlegende Kompetenz für die Behandlung aller Altersgruppen erwerben müssten, wenn die Approbation berufsrechtlich die Befugnis zur Behandlung aller Altersgruppen einschließen solle. Die Psychotherapie-Vereinbarung mit ihren Anforderungen an Zusatzqualifikationen sei dabei aber nicht Grundlage der Konkretisierung gewesen. Der Vorschlag, "Workloads" für die verschiedenen Ausbildungsinhalte zu bestimmen, wurde begrüßt. Dadurch könnten sich durchaus noch Änderungen an einigen Punkten ergeben, wenn es bei der Prämisse bleibe, den Gesamtumfang nicht zu erweitern. Zu den 200 Stunden Grundkenntnissen sah die Arbeitsgruppe keinen Widerspruch zu den im Februar diskutierten Vorschlägen, da sie keine Festlegungen getroffen habe, wann und wo diese 200 Stunden vermittelt werden müssten.

Debatte: Umfang der gemeinsamen Ausbildung

Einige Teilnehmer äußerten Bedenken, ob eine Veränderung der Ausbildung im vorgeschlagenen Umfang für die Ausbildung zu einem Beruf überhaupt notwendig sei. Bereits heute sei die Approbation für PP ausreichend, um berufsrechtlich alle Altersgruppen zu behandeln, weil gleichzeitig sozialrechtliche Regelungen sicherstellten, dass in der Praxis faktisch nur Erwachsene behandelt würden. Wenn man sich entsprechend an den Steuerungsmöglichen des Berufs- und Sozialrechts orientiere, käme man auch mit deutlich weniger "Common Trunk" aus.

Von Vertretern psychodynamischer Verfahren wurde die Frage aufgeworfen, ob ein breiterer "Common Trunk" überhaupt sachgerecht sein könne. Die Behandlung von Kindern sei etwas grundsätzlich Anderes als die Behandlung von Erwachsenen, eine Vermischung für eine Analytikerin daher kaum vorstellbar. Im Weiteren reiche es nicht aus, durch das Sozialrecht sicherzustellen, dass unzureichende Kompetenzen in der Praxis nicht eingesetzt würden. Das Sozialrecht greife nur für Kassenpatienten. Privatpatienten und auch Selbstzahler dürften aber nicht schlechter gestellt werden.

Eine Vertreterin der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten wies darauf hin, dass ein "Common Trunk" es Ausbildungsteilnehmern mit der Approbation zwar ermögliche, alle Altersgruppen zu behandeln. Je breiter der "Common Trunk" wäre, desto weniger hätten sie dabei allerdings richtig gelernt. Dem wurde entgegnet, dass die Frage der notwendigen Breite des "Common Trunk" bei einer postgradualen Ausbildung nicht isoliert zu beantworten sei, sondern entscheidend davon abhänge, welche Art von Zugangsqualifikationen aus der Hochschule mitgebracht werde.

Ein Mitglied der Gutachtergruppe, die im vergangenen Jahr das Forschungsgutachtens vorlegte, erläuterte die aus seiner Sicht in dem Gremium angestellten Überlegungen zum "Common Trunk". Er stellte fest, dass die Frage, ob die Ausbildung künftig für einen oder für zwei Berufe qualifizieren solle, von den Gutachtern nicht tiefergehend bearbeitet worden sei, weil sie ihnen nicht wichtig gewesen sei. Er persönlich sei aber für die Beibehaltung der beiden Berufe, weil das am Besten dem Modell der Ärzte entspräche. Auch dort gebe es keinen kleinen Erwachsenenarzt, sondern einen Kinderarzt. Was die Arbeitsgruppe im "Common Trunk" für die Altersgruppe vorgesehen habe, für die man in der Ausbildung nicht schwerpunktmäßig qualifiziert werde, sei für das Ziel ein Beruf viel zu wenig. Schließlich müsse ein Psychologe mit einer Approbation als KJP in Nordrhein-Westfalen für eine Approbation als PP etwa zwei Drittel der Ausbildung nachholen. Würde man allerdings bei zwei Berufen bleiben und den Psychologischen Psychotherapeuten durch einen reinen Erwachsenenpsychotherapeuten ersetzen, dann könnte man die Ausbildung, wie von den Forschungsgutachtern vorgeschlagen, auf etwa 3.400 Stunden kürzen.

Vertreter systemischer Verfahren begrüßten den vorgelegten Vorschlag als angemessen und zielführend. Die Konkretisierungen eines "Common Trunk" passten sehr gut zu den Anforderungen an systemische Familientherapien. Auch die Aufteilung ein Drittel zu zwei Drittel sei in dem Zusammenhang sachgerecht.

Die Arbeitsgruppe stellte abschließend fest, dass in der Diskussion niemand die Position vertreten habe, dass die Ausbildung von PP und KJP grundsätzlich völlig getrennt sein müsse. Weiter sei deutlich geworden, dass die Ausbildung in einem "Common Trunk" durchaus machbar sei. Die schwierige Aufgabe bestehe nun darin, sich auf die notwendige akademische Eingangsqualifikation einer solchen Ausbildung zu einigen.

Auf die konkrete Kritik der unzureichenden Qualifizierung für den nicht gewählten Schwerpunkt wurde entgegnet, dass dies die Unterstellung impliziere, dass die derzeitige Ausbildung von Psychologischen Psychotherapeuten unzureichend sei. Denn die Vorschläge beschrieben in dieser Hinsicht lediglich den Status quo. PP erhielten bereits heute eine Approbation ohne Beschränkung auf bestimmte Patientengruppen. Vor diesem Hintergrund sollte eher überlegt werden, ob tatsächlich 100 zusätzliche Behandlungsstunden bei der gegebenen Zielsetzung erforderlich seien.

Zur Empfehlung des Forschungsgutachtens, bei Beibehaltung der beiden Berufe den Umfang der Ausbildung auf 3.400 Stunden zu kürzen, wurde festgestellt, dass dies nur deshalb möglich sei, weil das Forschungsgutachten eine Beschränkung des PP auf einen Erwachsenenpsychotherapeuten vorsehe, der sowohl berufs- als auch sozialrechtlich nur Erwachsene behandeln dürfe.

Debatte: Selbsterfahrung einzeln und in Gruppen

Kritisch wurden die Empfehlungen zur Selbsterfahrung diskutiert. Vertreter der Deutschen Gesellschaft für Psychologie und der universitären Ausbildungsinstitute lehnten die Erhöhung des Umfangs der Selbsterfahrung nachdrücklich ab. Eine Notwendigkeit sei empirisch nicht belegbar. Man plädiere daher für eine Beibehaltung der 120 Stunden. Ob und in welchem Umfang diese dann auch als Einzelselbsterfahrung erfolgen sollte, müssten die jeweiligen Verfahren für sich entscheiden.

Der Sprecher der Bundeskonferenz der Psychotherapeuten in Ausbildung (PiA) erläuterte, dass die Meinung bei den Ausbildungsteilnehmern hier sehr unterschiedlich sei. Allerdings werde dort die Diskussion weniger ideologisch geführt, sondern man würde sich die empirischen Effekte ansehen. Zugleich müsse man auch auf die finanzielle Seite schauen. Teilnehmer einer verhaltenstherapeutischen Ausbildung würden jedenfalls die Einzelselbsterfahrung ablehnen, wenn dies die Ausbildung verteuere.

Auf die Kritik am Umfang der Selbsterfahrung antworteten Mitglieder der Arbeitsgruppe, dass es zur Frage der Verbindlichkeit von Einzelsupervision auch innerhalb der Gruppe keinen Konsens gebe. Hier hätten Vertreter psychodynamischer Verfahren eine andere Haltung als Vertreter der Verhaltenstherapie.

Debatte: Praktische Tätigkeit als praktische Ausbildung

Vertreter von PiA und Psychotherapeuten in Institutionen bemängelten, dass nach den Vorschlägen der Arbeitsgruppe die Ausbildung auch künftig einseitig am Versorgungsmodell des Niedergelassenen orientiert bleibe. Sie forderten dagegen, dass Ausbildungsteilnehmer in ihrer praktischen Ausbildung einen Teil der Behandlungsfälle auch im institutionellen Bereich unter Supervision leisten können.

Von Seiten der Ausbildungsinstitute wurde darüber hinaus kritisiert, dass der Umfang der praktischen Tätigkeit nicht - wie im Forschungsgutachten vorgeschlagen - von 1.800 auf 1.200 Stunden reduziert werde. Ferner sei es problematisch, wenn mindestens ein Drittel der praktischen Tätigkeit im jeweils anderen Schwerpunkt stattfinden müsse. Schon heute sei es teilweise schwierig, ausreichend viele Praktikumsplätze in der Kinder- und Jugendpsychiatrie zur Verfügung zu stellen. Dieser Mangel werde sich deutlich erhöhen, die Vorschläge der Arbeitsgruppe seien daher wenig durchdacht.

Unabhängig davon wurde von verschiedenen Seiten betont, dass die Tätigkeit in der Psychiatrie künftig deutlich besser begleitet und die Anforderungen curricular festgelegt werden müssten.

Die Arbeitsgruppe stimmte dieser Forderung ausdrücklich zu und verwies auf die Diskussion des Symposiums im Februar. Dort sei die Veränderung der praktischen Tätigkeit hin zu einer praktischen Ausbildung ausführlich dargestellt und die angestrebte Aufwertung der Tätigkeiten im stationären Bereich begrüßt worden. Die Nachfragen machten nochmals deutlich, dass isolierte Veränderungen nicht zu einer grundsätzlichen Verbesserung führen werden. Dies spreche für ein Gesamtpaket. Die Kritik an der praktischen Tätigkeit im jeweils anderen Schwerpunkt konnte die Arbeitsgruppe nicht teilen, da sie in ihren Vorschlägen explizit maximal ein Drittel in anderen Schwerpunkten gefordert hatte. Man könne die Kritik, dass der Umfang von 1.800 Stunden praktischer Tätigkeit im KJP-Bereich zu einer Verdoppelung der notwendigen Praktikumsplätze führe, nicht teilen.

Das Forschungsgutachten habe zwar nur 1.200 Stunden gefordert - allerdings für eine nicht neu konzipierte praktische Tätigkeit. Im Eckpunktepapier schlage die BPtK vor, die praktische Tätigkeit in einer Phase praktischer Ausbildung weiterzuentwickeln. In Kombination mit einer eingeschränkten Behandlungserlaubnis wäre dabei eine aktive Beteiligung an der Behandlung möglich und eine Finanzierung gesichert. Es werde außerdem nicht zu einer Verlängerung der gesamten Ausbildungszeit kommen.

Debatte: Reichweite von Berufs- und Sozialrecht

Eine Vertreterin der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten appellierte an die Beteiligten, sich noch einmal klarzumachen, weshalb das Ein-Berufe-Modell in der Profession überhaupt diskutiert werde. Ein Problem sei heute, dass PP berufsrechtlich zur Behandlung von Kindern und Jugendlichen befugt seien, obwohl ihre Ausbildung hier große Defizite habe. KJP würden daher die Notwendigkeit sehen, die Befugnisse von PP im Sinne eines Erwachsenenpsychotherapeuten auf die Behandlung von Erwachsenen zu beschränken. Würde man darüber hinaus die berufs- und sozialrechtlich unterschiedliche Behandlung der Berufe aufheben, könnten äquivalente Regelungen für die zusätzliche Qualifikation zur Behandlung der jeweils anderen Altersgruppe geschaffen werden. Die berufs- und sozialrechtlich unterschiedliche Stellung der Berufe müsse also aufgehoben werden. Einer der Forschungsgutachter forderte, sich von der Dichotomie zu lösen, dass man berufsrechtlich Anderes können dürfe als sozialrechtlich.

Der BPtK-Vorstand stellte in diesem Zusammenhang klar, dass sich PP und KJP in einem größeren Umfeld gemeinsam mit anderen verkammerten Heilberufen bewegten. Die Aufhebung der Trennung von Berufs- und Sozialrecht sei keinesfalls aussichtsreich, weil damit eine etablierte Rechtssystematik, an der die anderen Heilberufe festhalten wollen, wegen der besonderen Belange der Psychotherapeuten aufgegeben werden müsste.

Teil II. Rechtliche Perspektiven

Im zweiten Teil der Veranstaltung präsentierte BPtK-Vizepräsidentin Monika Konitzer Überlegungen zu den rechtlichen Perspektiven einer Ausbildungsreform. Hintergrund sei - wie schon in Hannover deutlich geworden war -, dass alles, was man heute beschließen und weiterentwickeln könne, auf vergangenen Überlegungen und Entscheidungen aufbaue. Im Folgenden wurden dazu zwei zentrale Problembereiche erörtert: der Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers und Haftungsfragen.

Zur Frage des Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers stellte Konitzer Überlegungen von Bundesregierung und Bundesgesetzgeber zu verschiedenen Entwürfen eines Psychotherapeutengesetzes und der Rechtsprechung zu den Übergangsregelungen des Psychotherapeutengesetzes vor. Ihr Fazit: Der Gesetzgeber habe einen weiten Spielraum bei der Festlegung der Zugangsvoraussetzungen zur Psychotherapeutenausbildung. Das Grundgesetz biete keine Garantie für ein hohes Abschlussniveau, lasse dies aber zu.

Da verfassungsrechtlich keine "Bottom Line" sichergestellt sei, sei es umso wichtiger, dass die Profession für sich definiere, welche Zugangsvoraussetzungen vorgesehen werden sollten. Das Grundgesetz garantiere weder ein bestimmtes konkretes Abschlussniveau noch bestimmte Lerninhalte bzw. Kompetenzen. Aus fachlicher Sicht seien diese Fragen jedoch nicht beliebig zu beantworten. Daher sei es nun die Aufgabe der Profession, ein in sich schlüssiges und fachlich sinnvolles Konzept zu erarbeiten, um den Gesetzgeber zu überzeugen, die Psychotherapeutenausbildung einschließlich der Zugangsvoraussetzungen auch in Zukunft auf hohem Niveau mit den gebotenen Inhalten zu regeln.

Bezüglich der Frage, ob der Gesetzgeber ursprünglich ein oder zwei Berufe schaffen wollte, legte Monika Konitzer dar, dass sich aus den Gesetzgebungsmaterialien nicht schließen ließe, ob der Gesetzgeber grundsätzlich die Absicht hatte, zwei Berufe zu schaffen. Vielmehr sehe es so aus, dass die Idee bestand, einen Beruf zu schaffen, gleichzeitig aber die bis dahin Tätigen nicht ausgeschlossen werden sollten. Der Gesetzgeber habe sich dazu entschieden, die Ausbildung zum KJP auch auf Grundlage eines Studiums der Pädagogik und der Sozialpädagogik zuzulassen mit der Begründung, dass diese Studiengänge im besonderen Maß zum Umgang mit Kindern und Jugendlichen befähigten. Der Wegfall von Rahmenstudienordnungen machte es nun erforderlich, erforderliche Kompetenzen konkret zu definieren. Dies gelte im Übrigen auch für die Psychologie, da allein aus der Bezeichnung eines Studienprogramms als "Psychologie" nicht mehr geschlossen werden könne, dass es dem früheren Diplomstudium entspreche.

Außerdem ging die BPtK-Vizepräsidentin auf bestehende Rechtsunsicherheiten bezüglich der Verantwortlichkeit von bzw. für Ausbildungsteilnehmer bei Behandlungen im Rahmen der praktischen Ausbildung ein, denen bei einer Reform begegnet werden solle. Mit Blick auf die zivilrechtliche Haftung wurde an konkreten Beispielen dargestellt, dass heute insbesondere auch aus Sicht der Patienten in vielen Fällen unklar sei, bei wem die "Behandlungsverantwortung" liege: beim Ausbildungsteilnehmer, beim Supervisor oder dem Ausbildungsinstitut (bzw. dem Leiter der Ausbildungsambulanz). Daneben wurde der Frage nachgegangen, wer letztlich die Aufsicht hat, wer also Behandlungsfehlern berufsrechtlich nachgeht. Auch hier bestehe Reformbedarf.

Debatte: gesetzlicher Spielraum

In der Diskussion kommentierten einige Zeitzeugen der Gesetzgebungsverfahren zum Psychotherapeutengesetz aus den 1990er Jahren die Ausführungen und ergänzten, dass es damals der Wille des Gesetzgebers war, all das in einem Gesetz zu berücksichtigen, was es damals bereits in der Psychotherapeutenausbildung gab.

Von pädagogischer Seite wurde hervorgehoben, dass aus den Gesetzgebungsverfahren eine positive Wertschätzung der Kompetenz von Pädagogen herauszulesen sei, weil eben nicht grundsätzlich dargelegt werde, dass nur und ausschließlich Psychologen über die Eingangskompetenzen für die Ausbildung von Psychotherapeuten verfügten. Nun müsse man allerdings gemeinsam definieren, was die entscheidenden psychologischen und pädagogischen Kenntnisse und Kompetenzen seien.

Vor dem Hintergrund des offensichtlich weiten gesetzlichen Spielraums zur Gestaltung des Berufs wurde von Vertretern analytisch orientierter PP klargestellt, dass an Reformeckpunkten wie dem Ein-Berufe-Modell und dem "Common Trunk" weitergearbeitet werden könne, wenn eine gleichwertige Eingangsqualifikation auf hohem Niveau sichergestellt sei, bei der die Psychologie nicht beschädigt werde. Dabei könne es sinnvoll sein, deutlich mehr Studieninhalte zu fordern, als von Forschungsgutachtern oder der BPtK bislang in die Diskussion eingebracht wurden, wenn dabei neben Mindestanforderungen an Psychologie auch andere Sozial- oder Humanwissenschaften berücksichtigt würden.

Monika Konitzer erinnerte, dass die Frage der Eingangsqualifikation im Februar bereits kontrovers und konflikthaft diskutiert wurde. Mit den weiteren Überlegungen von heute müsse nun entschieden werden, wie weitergearbeitet werden könne. Auf die Grundlage der im Februar vorgeschlagenen Kompetenzen und den heute diskutierten Ergebnissen könne sich ein Ergebnis stützen. Und dies müsse man auch tun. Wenn die Kammern darauf verzichten würden, ihren eigenen Beruf zu gestalten, wäre das ihr Offenbarungseid.

Debatte: Haftung bei Behandlungsfehlern

Vertreter von Ausbildungsinstituten zweifelten an, dass es heute in der Ausbildung überhaupt Haftungsprobleme gäbe. Dabei wurde darauf verwiesen, dass doch jeder Beteiligte in gewisser Weise eine Verantwortung trage - die Ausbildungsteilnehmer, die Supervisoren und die Institutsleiter. Wer im konkreten Haftungsfall zu belangen sei, müsse jeweils im Einzelfall geklärt werden. Bislang gebe es hier keine Probleme, denn schon heute sei die Haftung ausreichend geregelt.

Darüber hinaus sei es in Bezug auf die Aufsicht so, dass PiA, wenn sie Kammermitglieder sind, der Berufsaufsicht der Psychotherapeutenkammern unterlägen. Dazu wurde jedoch entgegnet, dass Ausbildungsteilnehmer heute nur in wenigen Bundesländern Pflichtmitglieder der Psychotherapeutenkammer seien.

Zur Frage der Haftung wurde nachgefragt, welche rechtlichen Lösungen vom BPtK-Vorstand in Betracht gezogen würden. Hier konnte der Vorstand auf das Konzept der eingeschränkten Behandlungserlaubnis hinweisen, das jedenfalls in Bezug auf die Haftungsfrage eine notwendige rechtliche Klarstellung und einen entsprechenden Rechtsstatus für die Ausbildungsteilnehmer bedeuten würde.

III. Generalaussprache

Die Erörterung der konkreten Arbeitsgruppenergebnisse löste Diskussionen zum grundsätzlichen Reformbedarf und zum strategischen Vorgehen der Psychotherapeutenschaft aus. Zentrale Themen waren dabei insbesondere die Frage des Ein- oder Zwei-Berufe-Modells, das Reformtempo und die notwendigen nächsten Schritte.

Debatte: Ziele einer Reform

Deutliche Kritik an den Eckpunkten des BPtK-Vorstands wurde von einem Mitglied des Gremiums geäußert, das das Forschungsgutachten erstellt hatte. Die Forschungsgutachter hätten zu allen Fragen, die es in der Profession zur Ausbildung gebe, detaillierte Antworten gegeben. Diese Empfehlungen seien aber vom BPtK-Vorstand nicht übernommen worden. Vielmehr hätte der Vorstand aus der Evaluation der heutigen Ausbildung eigene Schlüsse gezogen. Beispielsweise hätten sich die Forschungsgutachter aus seiner Sicht eindeutig für die Beibehaltung von zwei Berufen ausgesprochen und auch der "Common Trunk" sei bestenfalls ein Zufallsprodukt der Gutachter gewesen, aber keinesfalls eine von den Gutachtern präferierte Ausbildungsstruktur.

Auch andere mahnten an, den grundsätzlichen Reformbedarf noch weiter zu diskutieren. Natürlich wollten alle als Zugangsvoraussetzung zur Ausbildung den Masterabschluss. Das bedeute aber weder, dass man eine "Common Trunk"-Ausbildung brauche, noch, dass man künftig für einen Beruf ausgebildet werden müsse. So, wie es bisher mit zwei Berufen gelaufen sei, sei die Ausbildung qualitativ hochwertig. Im Übrigen qualifiziere ein "Common Trunk", wie ihn die Arbeitsgruppe gestaltet habe, auch nicht für den jeweils anderen Schwerpunkt, sonst würde die Ausbildung zu lang. Der andere Schwerpunkt sei eher eine Art Miniqualifikation, mit der dann aber niemand wirklich behandeln könne.

Andere sprachen sich deutlich für die Schaffung eines Psychotherapeutenberufs aus. Dafür spreche, dass gerade bei der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie oft die Kinder zwar als Patient von den Eltern vorgestellt würden, sich aber im weiteren Verlauf häufig die Frage stelle, ob die eigentliche Behandlung nicht (auch) den Eltern gelte. Am Beispiel der psychotherapeutischen Behandlung von Säuglingen lasse sich dies besonders gut zeigen.

Auch von Vertretern der psychologischen Institute wurde resümiert, dass viele Argumente nunmehr durchaus für die Schaffung eines einzigen Berufes sprechen würden. In der Wissenschaft habe es in den letzten 20 Jahren einen deutlichen Wissenszuwachs in der Psychotherapieforschung gegeben. Daher müsse es nunmehr für alle, also auch für KJP, angemessen hohe Qualifikationsanforderungen geben. Heute seien die beiden Berufe PP und KJP nicht auf einer Augenhöhe. Ein weiteres Argument für einen Beruf sei die internationale Sichtbarkeit. Die Trennung in zwei Berufe mit jeweils unterschiedlichen Zugangsvoraussetzungen sei international nicht verbreitet. Auch mit Blick auf den nationalen Bereich seien die zwei Berufe durchaus ein Problem. Die Differenzierung führe im Gesundheitssystem zu Verwirrungen. Nicht nur bei Patienten, auch in der Fachöffentlichkeit sei häufig nicht klar, welche Leistungserbringer wen wie versorgen würden.

Von einem KJP-Vertreter wurde die wechselseitige Durchlässigkeit als weiteres Argument für einen Beruf mit gleichem Eingangsniveau genannt. Psychotherapeuten mit Schwerpunkt in einem Altersbereich hätten grundsätzlich die Möglichkeit, zu einem späteren Zeitpunkt die Qualifikation für den jeweils anderen Schwerpunkt zu erwerben - im Gegensatz zu den KJP mit pädagogischem Grundberuf heute. Dafür spreche auch der Blick auf die berufliche Identifikation von Ärzten. Auch dort gebe es ja verschiedene Fachärzte, die Identifikation sei aber letztendlich die mit dem Beruf des Arztes.

Der Sprecher der Bundeskonferenz der PiA appellierte mit Blick auf die Diskussion um die Reichweite von Reformen dafür, die Bedürfnisse und die Perspektive der Ausbildungsteilnehmer zu berücksichtigen. Auf den zurückliegenden Veranstaltungen der BPtK zur Ausbildung habe sich gezeigt, dass die Diskussion schwierig sei und eine gemeinsame Lösung manchmal unmöglich erscheine, weil sich so viele Partialinteressen im Wege stehen würden. In der weiteren Debatte sollte daher jeder prüfen, ob seine Einzelinteressen so wichtig seien, dass eine Reform, die die Situation der Ausbildungsteilnehmer und ihre Berufsperspektiven deutlich verbessern könnte, daran scheitern dürfe.

Primär gehe es aus Sicht der PiA um die Verbesserung der finanziellen Situation und eine angemessene Qualifizierung für einen zukunftsfähigen Beruf. Für die Vergütung sei dabei die eingeschränkte Behandlungserlaubnis für Ausbildungsteilnehmer sehr attraktiv und es sollten mindestens curriculare Vorgaben für die Inhalte der praktischen Tätigkeit realisiert werden. Die Debatte um den "Common Trunk" und das Ein- oder Zwei-Berufe-Modell werde dabei unter den etablierten Psychotherapeuten heftiger geführt als unter den PiA selbst. Diese hingen nicht so sehr an bestimmten Traditionen. Auch hier sei gründlich zu prüfen, ob gegenwärtig nicht über reine Formalia gestritten werde und fachliche Argumente dadurch in den Hintergrund treten würden.

Mit Blick auf die Kritik der mangelnden Bezugnahme auf das Forschungsgutachten stellte der Vorstand klar, dass sich das Forschungsgutachten durchaus zum "Common Trunk" geäußert und auch die Antwort, ob es künftig einen oder zwei Berufe geben sollte, zunächst offen gelassen habe. Erst zu einem späteren Zeitpunkt und auf konkrete Nachfrage hätten die Gutachter eine Tendenz zur Erhaltung von zwei Berufen artikuliert. Zum "Common Trunk" wurde bestätigt, dass das Gutachten das Konzept nicht inhaltlich gefüllt habe. Der "Common Trunk" lasse sich aber nur dann auf seine Zweckmäßigkeit und Machbarkeit überprüfen, wenn man ihn konkretisiere. Und genau das habe die Arbeitsgruppe der BPtK getan.

Der Vorstand betonte ausdrücklich, dass die Gutachter Hervorragendes geleistet haben, indem sie fundiert aufgezeigt haben, welche Teile der Ausbildung heute veränderungsbedürftig und verbesserungsfähig seien. Die Notwendigkeit, das Gesetz zu ändern, sei durch das Gutachten deutlich geworden. Nun gehe es darum, dass die Profession die Ergebnisse des Gutachtens bewerte und sich politisch positioniere. Dies müsse eine fachlich gut fundierte Entscheidung sein, dazu habe das Forschungsgutachten und die insgesamt vier Workshops und vier Symposien, die die BPtK im Verlauf der letzten zwei Jahre ausgerichtet hat, einen Beitrag geleistet. So viel Zeit habe man benötigt, da es sich um einen komplexen Sachverhalt handle, der es notwendig macht, immer in einem Gesamtkonzept zu denken. Letztlich werde der DPT die politische Entscheidung treffen. Es sei wichtig, dass sich dort PP und KJP auf ein gemeinsames Konzept verständigen würden.

Debatte: Notwendige nächste Schritte

Wiederholt wurde hinterfragt, welche Reformen von der Psychotherapeutenschaft zum gegenwärtigen Zeitpunkt überhaupt durchsetzbar seien. Skeptiker sahen die Reichweite der vom Vorstand vorgeschlagenen Änderungen im Widerspruch zum politisch aktuell Durchsetzbaren. Sie sahen die Psychotherapeutenschaft nicht in der Lage, der Politik umfassende Reformen vorzuschlagen, sondern gingen davon aus, dass man im Augenblick bestenfalls den Masterabschluss als Zugangsvoraussetzung zur PP- und KJP-Ausbildung von der Politik bekommen werde. Dies sei auch kein Problem, weil man ein Psychotherapeutengesetz habe, das sich gut bewährt habe.

Andere schlugen vor, sich auf die Forderung nach einem Masterabschluss als grundsätzliches Zugangsniveau zur Psychotherapeutenausbildung zu beschränken, weil sich die Profession in den anderen grundsätzlichen Fragen noch nicht einig sei. Die Profession solle den Gesetzgeber auffordern, in einer ersten Novelle des Psychotherapeutengesetzes den Masterabschluss für PP und KJP als Zugangsvoraussetzung in das Gesetz zu schreiben. In der Frage der "Ein oder zwei Berufe" sei die Profession noch nicht so weit, eine Entscheidung zu treffen. Daher solle sich die Debatte auf das beschränken, was minimal auch im Konsens gefordert werden könne - und das sei erstens der Master auch für die KJP-Ausbildung und zweitens eine ausreichende Finanzierung zur praktischen Tätigkeit.

Auch einige KJP-Vertreter sprachen sich für ein stufenweises Vorgehen aus. Ziel müsse es sein, mehrere Gesetzesreformen durchzusetzen, wobei im ersten Schritt jetzt die Zugänge für die Berufe PP und KJP zu regeln seien, in einer weiteren Gesetzesreform die Probleme der PiA angegangen werden könnten und man sich dann schließlich mittelfristig auch Reformen mit Blick auf die Weiterentwicklung des Berufs vorstellen könnte.

Andere Teilnehmer hielten diese Strategie für wenig aussichts-, aber risikoreich. Ein Masterabschluss für Alle könne insbesondere dann überzeugend gefordert werden, wenn dieser aufgrund neuer Anforderungen in der postgradualen Ausbildung zwingend erforderlich sei. Wer jetzt mit der Forderung nach einem Masterabschluss für Alle auf eine Minimallösung setze, gefährde letztlich sogar den Status quo. Wenn man diese Forderung, die schließlich bereits seit fünf Jahren erfolglos gestellt werde, auch jetzt nicht durchsetzen könne, drohten mittelfristig nicht nur die KJP zu einem Heilhilfsberuf abzurutschen, sondern möglichweise auch die PP. Der Blick auf die ersten achtsemestrigen Bachelorstudiengänge in Psychologie zeige, dass dies kein abwegiges Szenario sei. Man habe jetzt die Chance, für die Profession nach eigenen Vorstellungen fachlich angemessen Zugangsqualifikationen zu entwickeln. Wenn der Berufsstand diese dann überzeugend und weitgehend einig vertrete, hätte man gute Chancen, dies auch in einer Reform des Psychotherapeutengesetzes umzusetzen. PiA-Vertreter stimmten dem grundsätzlich zu und betonten dabei, dass die Frage, wie eine angemessene Vergütung der PiA gewährleistet werden könne, nicht außer Acht gelassen werden dürfe.

Vertreter von KJP ergänzten, dass die Diskussion über das Ein- oder Zwei-Berufe-Modell nicht als Glaubensdebatte geführt werden dürfe. Die Entscheidung sei ausschließlich davon abhängig, ob Inhalte der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie auch in der Ausbildung zu einem Beruf ausreichend berücksichtigt werden könnten. Hier müsse man doch eine Einigung herbeiführen und ein ermunterndes Signal an die Politik geben können. Erste Signale, dass es dazu durchaus eine breite Einigung geben könnte, gab es bereits auf dem Symposium. Vertreter verschiedener Psychotherapeutenverbände boten an, zur Frage der weiteren Präzisierung der vorgeschlagenen Eckpunkte miteinander ins Gespräch zu kommen.

Zum weiteren Vorgehen erläuterte der Vorstand, dass die Workshops und Symposien der BPtK ein Forum gewesen seien, auf dem offen alle Argumente und Bedenken zu den Eckpunkten austauscht werden konnten, weil dort keine Beschlüsse gefasst würden. Mit Blick auf notwendige Reformziele stellte er klar, dass die Psychotherapeutenschaft nicht nur einen Masterabschluss fordern könne, sondern die Aufgabe vielmehr darin bestehe, genau zu artikulieren, welche Kompetenzen mit dem Masterabschluss verbunden sein müssten. Einig sei man sich immerhin darin, dass es weiterhin bei einer hochqualifizierten Ausbildung bleiben müsse.

Der Vorstand erinnerte schließlich daran, dass die Profession nunmehr seit über fünf Jahren um den Master als Zugang für die Ausbildung zum PP und KJP kämpfe. Das Problem dabei sei, dass diese Forderung sowohl in den Ländern als auch innerhalb der Bundesregierung nur von der Gesundheitsseite geteilt werde, die Kultusseite sich dagegen für die Etablierung des Bachelorabschlusses einsetze. Die Forderung nach akademischen Beschäftigungsmöglichkeiten von Absolventen mit Bachelorabschluss hätten sich durch die jüngste Studentenproteste sogar noch verstärkt und in Bezug auf den Zugang zur KJP-Ausbildung habe die Kultusministerkonferenz dies in einem Schreiben an das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) nochmals unterstrichen. Hier wurde das BMG aufgefordert, eindeutig Position für den Bachelorabschluss als Zugangsvoraussetzung zur KJP-Ausbildung für pädagogische Grundberufe zu beziehen.

In seinem Schlusswort äußerte BPtK-Präsident Prof. Richter den Eindruck, dass sich in der Debatte Bewegung abzeichne. Insgesamt scheine die Diskussion weniger verhärtet als noch im Februar. Richter machte deutlich, dass die Zeit für Entscheidungen gekommen sei. Er erinnerte daran, dass man bereits seit zwei Jahren intensiv diskutiere. Wenn es in der nächsten Zeit nicht möglich sei, in den entscheidenden Fragen gemeinsame Positionen zu finden, wann dann? Darüber hinaus müsse man sich im Klaren sein, dass Fragen auch ohne gemeinsame Position der Psychotherapeutenschaft nicht unbeantwortet bleiben würden. Er appellierte vor diesem Hintergrund, die Zeit bis zum 16. DPT im Mai zu nutzen, um dort einen Schritt weiter zu kommen.

Folgende Dokumente zum Symposium stehen hier zum Download bereit:

 
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