18.10.10 7. Europäischer Depressionstag am 16.10.2010

(EDD/Stiftung Deutsche Depressionshilfe) Weltweit nehmen sich jedes Jahr rund eine Million Menschen das Leben. 90 Prozent von ihnen litten an einer psychischen Störung, die meisten an einer Depression. Sie werden oft stigmatisiert und leiden so doppelt oder suchen deshalb gar nicht erst Hilfe. Viel Leid könnte verhindert werden, würden diese Erkrankungen rechtzeitig erkannt und behandelt werden. Um hierauf aufmerksam zu machen, fand am 16. Oktober 2010 auf Initiative der European Depression Association (EDA) der siebte "Europäische Depressionstag" unter dem Motto "Depression bewältigen: Gemeinsam gelingt es!" statt. Die zahlreichen Bündnisse gegen Depression, die inzwischen in vielen Städten Europas etabliert sind, informierten Betroffene in den jeweiligen Regionen über die dortigen Angebote.

Das Motto des diesjährigen Europäischen Depressionstags enthält die Aufforderung, Betroffene in der Gesellschaft nicht mit der Problematik allein zu lassen und betont gleichzeitig die präventive und heilsame Wirkung der Gemeinschaft. Fast jeder Mensch kennt die stimmungsaufhellende Wirkung eines freundlichen Lächelns oder einer kleinen zwischenmenschlichen Hilfestellung. Wie wichtig soziale Unterstützung in der Familie, im Freundeskreis und am Arbeitsplatz für das Wohlbefinden und auch die psychische Stabilität sein kann, ist gut bekannt. Soziale Unterstützung setzt aber häufig auch das Erkennen einer Depression und den offenen Umgang mit der Problematik voraus. Der Europäische Depressionstag versucht durch Öffentlichkeitsarbeit die Stigmatisierung und die Diskriminierung von Betroffenen abzubauen und über die Erkrankung aufzuklären.

Im Auftrag der World Health Organisation (WHO) haben Wissenschaftler bewertet, welche Volkskrankheiten die Menschen in den Industrieländern am meisten beeinträchtigen. Als Indikator hierfür wurde nicht nur die Schwere der jeweiligen Erkrankung, sondern auch die Anzahl der durch sie beeinträchtigten Lebensjahre ermittelt. Die unipolare Depression (im Gegensatz zur bipolaren, „manisch-depressiven“ Störung) steht deutlich an erster Stelle vor allen anderen psychischen und körperlichen Erkrankungen. Auch die Kernaussagen des jüngst im Auftrag des Bundeministeriums für Gesundheit erstellten Gesundheitsberichtes sprechen eine eindeutige Sprache: Demnach erleben innerhalb eines Jahres 15 Prozent der Frauen und acht Prozent der Männer in Deutschland eine depressive Phase. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes in Wiesbaden betrugen die Krankheitskosten für psychische und Verhaltensstörungen im Jahr 2008 knapp 28,7 Milliarden Euro. Davon wurden allein 5,2 Milliarden Euro für die Behandlung von Depressionen ausgegeben.

Obwohl bei der Diagnostik und Therapie der Depression in den letzten Jahren erhebliche Fortschritte gemacht wurden und viele wirksame Behandlungsmöglichkeiten existieren, werden auch heute noch weniger als zehn Prozent der circa vier Millionen depressiv Erkrankten in Deutschland optimal behandelt, so schätzen Experten. Zu den Gründen für diese Defizite zählen auch die Depressionssymptome selbst wie Hoffnungslosigkeit, Schuldgefühle und Erschöpfung, die es den Betroffenen erschweren, sich professionelle Hilfe zu holen und empfohlene Behandlungen konsequent mitzugehen. Außerdem wissen häufig die Betroffenen selbst und oft auch die Ärzte nicht um die guten Behandlungsmöglichkeiten. Mit Antidepressiva und bestimmten psychotherapeutischen Verfahren wie der sogenannten kognitiven Verhaltenstherapie kann bei über 90 Prozent der Betroffenen die Depression zum Abklingen gebracht oder ihnen zumindest deutlich geholfen werden. Dennoch glauben immer noch 80 Prozent der Bevölkerung fälschlicherweise, dass Antidepressiva süchtig machen oder die Persönlichkeit verändern. Dies ist nicht der Fall. Antidepressiva, wie zum Beispiel die sogenannten Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI = Selective Serotonin Reuptake Inhibitor) gleichen den Serotoninstoffwechsel bei depressiv erkrankten Menschen aus. Neuere Untersuchungen belegen, dass bereits nach zwei Wochen der Erfolg eines Antidepressivums verlässlich abgeschätzt werden kann.

Zudem gehören psychotherapeutische Behandlungsangebote heute zum Standard der therapeutischen Arbeit mit depressiv kranken Menschen. In die neue, Ende 2009 verabschiedete S3/NV-Leitlinie für die Behandlung der unipolaren Depression ging Psychotherapie umfänglich ein, wobei sich nach Datenlage alle bekannten (Richtlinien-) Psychotherapieformen als effektiv erwiesen haben. Damit wurde auch erstmals für schwer und schwerst depressiv Kranke Psychotherapie, in Kombination mit Medikation, als Standard benannt. Für Patienten besteht vor allem hinsichtlich einer abgestuften und vernetzten Versorgung zwischen haus-, fachärztlicher und psychotherapeutischer Behandlung und bei der Indikation für ambulante oder stationäre Behandlungsmaßnahmen Optimierungsbedarf. Mit der neuen Leitlinie kommt man dieser Optimierung näher. Eine Kurzfassung der Leitlinie ist unter www.versorgungsleitlinien.de/themen/depression/pdf/s3_nvl_depression_kurz.pdfzu finden.


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