22.03.2011 Weiter bewegen - Tag der Rückengesundheit am 15. März

(BPtK) Etwa jeder dritte Deutsche leidet aktuell unter Rückenschmerzen. Ihre Behandlung kostet rund 8,4 Milliarden Euro pro Jahr. Dabei verursachen Patienten mit chronischen Rückenschmerzen circa 80 Prozent der Kosten. "Die meisten Rückenschmerzen sind jedoch nicht auf Schäden der Wirbelsäule zurückzuführen", erläutert Prof. Dr. Rainer Richter, Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK), zum "Tag der Rückengesundheit" am 15. März. "In den meisten Fällen sind psychosoziale Faktoren dafür entscheidend, ob Rückenschmerzen wieder von selbst verschwinden oder sich verfestigen."

Für Rückschmerzen, bei denen keine bestimmten körperlichen Ursachen für die Schmerzen festgestellt werden können, ist seit dem 30. November 2010 die Nationale Versorgungsleitlinie (NVL) "Kreuzschmerz" veröffentlicht. Die Leitlinie betont, dass insbesondere bestimmte psychosoziale Risikofaktoren ("Yellow flags") wie Depressivität, beruflicher Stress, schmerzbezogene Kognitionen wie Katastrophisieren oder Angstvermeidungsverhalten sowie ein ausgeprägtes Schon- und Vermeidungsverhalten entscheidend dafür sind, dass aus akuten Rückschmerzen chronische werden können. Patienten sollten deshalb möglichst ihre körperlichen Aktivitäten beibehalten.

Die Eckpunkte der NVL "Kreuzschmerz" lauten wie folgt:

Neben den Empfehlungen zur Diagnostik, zur Aktivierung der Patienten und zum Einsatz von Medikamenten beziehen sich viele Empfehlungen der Leitlinie auch auf die Erfassung und den Umgang mit den psychosozialen Risikofaktoren. So empfiehlt die Leitlinie, beispielsweise schon im primärärztlichen Bereich psychosoziale Risikofaktoren zu erfassen, wenn die Schmerzen trotz leitliniengerechter Maßnahmen länger als vier Wochen andauern. Liegen psychosoziale Risikofaktoren vor, soll schon bei subakutem Kreuzschmerz eine auf das individuelle Risikoprofil bezogene Kognitive Verhaltenstherapie (KVT) angeboten werden.

Sechs Stunden Psychotherapie können reichen, um akute und chronische Rückenschmerzen nachhaltig zu lindern. Zu diesem Ergebnis kommt eine randomisierte Studie ("Back Skills Training Trial") mit 600 Patienten bei 56 Allgemeinärzten in England, deren Ergebnisse im Februar 2010 in der medizinischen Wissenschaftszeitschrift "Lancet" veröffentlicht wurden. Die Patienten litten meist unter Rückenschmerzen, die durch Muskelverspannungen verursacht wurden, und reagierten darauf mit einer Schonhaltung oder sogar Bettruhe. Mithilfe einer Gruppentherapie konnte den Patienten geholfen werden, die Bedeutung negativer Gedanken und Einstellungen zu erkennen und schnell wieder körperliche Aktivitäten aufzunehmen.

Die Psychotherapie war insbesondere langfristig überlegen. Auch ein Jahr nach Beendigung der Therapie berichteten die Teilnehmer über deutlich weniger Schmerzen und Beeinträchtigungen als die Vergleichsgruppe, die lediglich eine Beratungsstunde erhalten hatte. In der Psychotherapiegruppe waren bei 60 Prozent der Patienten die Rückenschmerzen auch noch ein Jahr nach der Behandlung verringert, in der Kontrollgruppe hingegen nur bei 31 Prozent. Dabei ist das "Back Skills Training" im Vergleich zu den herkömmlichen Therapien bei Rückenschmerz (Physiotherapie oder Akupunktur) wesentlich kosteneffektiver. Die Kosten für ein gewonnenes Lebensjahr in guter Lebensqualität (Quality-Adjusted Life Year - QALY) liegen nach Berechnungen der Autoren bei 1.786 Pfund. Im Gegensatz hierzu belaufen sich diese für Physiotherapie auf 3.800 Pfund und für Akupunktur auf 4.242 Pfund.

 
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