14.04.11 Ambulante Psychotherapie für Suchtkranke verbessert
G-BA ändert Psychotherapie-Richtlinie

(BPtK) Der Missbrauch von Alkohol, Medikamenten oder Drogen zählt künftig zu den Indikationen für ambulante Psychotherapie. Außerdem müssen Patienten nicht mehr abstinent sein, um eine Psychotherapie zu beginnen, wenn der Verzicht auf Suchtmittel kurzfristig auch ohne Entgiftungsbehandlung zu erreichen ist. Dies sind die wichtigsten Änderungen der Psychotherapie-Richtlinie, die der Gemeinsame Bundesausschluss (G-BA) heute beschloss.

Psychische und Verhaltensstörungen durch psychotrope Substanzen zählen zu den häufigsten psychischen Erkrankungen. Nach den Daten des epidemiologischen Suchtsurveys 2006 erkranken innerhalb eines Jahres zwischen 2,4 und 3,8 Prozent der Deutschen an Alkoholabhängigkeit oder -missbrauch (Pabst & Kraus, 2008). Dabei kommen psychische Begleiterkrankungen, insbesondere Angststörungen und affektive Störungen, sehr häufig vor und haben einen besonderen Behandlungsbedarf zur Folge (Schmidt et al. 2006). Anderseits ist bekannt, dass die Patienten mit Substanzstörungen im Vergleich zu anderen psychischen Störungen selten psychotherapeutisch behandelt werden (Wittchen & Jacobi, 2001). Nach den Daten der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns machen Patienten mit einer alkoholbezogenen Störung (F10 nach ICD-10) in der ambulanten Psychotherapie lediglich einen Anteil von 0,5 bis 1 Prozent der behandelten Patienten aus. Das verdeutlicht, dass für Patienten mit Substanzstörungen bisher zu hohe Barrieren bestanden, um ambulante Psychotherapie erfolgreich einsetzen zu können. Die daraus resultierende Unterversorgung stellt ein erhebliches Versorgungsproblem dar.

Nach einer gemeinsamen Veranstaltung von Fachverband Sucht und BPtK im November 2008 zum Thema "Psychotherapie und Suchtbehandlung" hatte die damalige Drogenbeauftragte der Bundesregierung Sabine Bätzing den G-BA gebeten, eine mögliche Änderung der Psychotherapie-Richtlinie für die psychotherapeutische Behandlung von Alkohol-, Drogen- oder Medikamentenabhängigen zu prüfen. Psychotherapie sollte nicht erst mit bereits abstinenten Patienten beginnen, sondern auch dazu beitragen können, die Motivation für ein Leben ohne Suchtmittel zu erreichen.

Die nun vorgenommene Flexibilisierung der Psychotherapie-Richtlinie stellt insbesondere für alkoholkranke Patienten, die einen Rückfall erlitten haben und nicht immer einer Entgiftungsbehandlung bedürfen, eine wichtige Verbesserung der psychotherapeutischen Versorgung dar. Dadurch, dass der G-BA zudem das Indikationsspektrum um den "schädlichen Gebrauch" psychotroper Substanzen erweiterte, wurde einer großen Patientengruppe der Zugang zur ambulanten psychotherapeutischen Behandlung erleichtert.

Bedauerlich ist, dass dieses bessere Behandlungsangebot für Suchtkranke durch einige bürokratische Vorgaben eingeschränkt wurde, wie z. B. den Nachweis der Abstinenz durch Laborparameter, deren Nutzen umstritten ist, die aber höhere Kosten verursachen. Vorschläge der BPtK hierzu im Stellungnahmeverfahren wurden vom G-BA leider nicht aufgegriffen.

 
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