29.10.2013Drei von vier Heimkindern psychisch erkrankt
Aktuelle Studie des Schweizerischen Bundesamtes für Justiz

(BPtK) Kinder und Jugendliche in Heimen sind psychisch stark belastet. Rund 75 Prozent der Heimkinder sind psychisch krank. Das ist das Ergebnis einer Studie der kinder- und jugendpsychiatrischen Universitätskliniken in Basel und Ulm. In der bislang größten Heimstudie in Europa wurden über vier Jahre in 64 Schweizer Institutionen fast 600 Kinder und Jugendliche untersucht.

Drei von vier Heimkindern leiden z. B. an Störungen des Sozialverhaltens, Depressionen, Schizophrenien, Persönlichkeits- und Aufmerksamkeitsstörungen oder Suchterkrankungen. Ein noch größerer Anteil hatte eine traumatisierende Vorgeschichte: Vier von fünf Kindern haben einen Elternteil verloren, Gewalt erlitten, sind vernachlässigt oder sexuell ausgebeutet worden.

Wichtigste Schlussfolgerungen aus der Studie: Psychische Belastungen müssen durch Screeningverfahren frühzeitig erfasst werden, um Gefährdungen schnell zu erkennen und Erkrankungen rechtzeitig zu behandeln. Zur Prävention muss ein Bündel unterschiedlicher Maßnahmen ergriffen werden, von Hilfen für psychisch kranke Eltern bis zur Behandlung der Kinder. Bei jüngeren Kindern kann es darüber hinaus sinnvoll sein, das gesamte Familiensystem zu stärken, um Misshandlungen zu vermeiden.

„Diese erschreckenden Zahlen zu psychischen Erkrankungen bei Heimkindern weisen auf einen großen Handlungsbedarf auch in Deutschland hin“, erklärt Peter Lehndorfer, Vorstandmitglied der Bundespsychotherapeutenkammer. „Durch ein rechtzeitiges und niedrigschwelliges Angebot psychotherapeutischer Hilfen könnten Risikoentwicklungen verhindert werden.“ Voraussetzungen seien eine bessere Kooperation von Jugendhilfe und psychotherapeutischen Leistungserbringern sowie Psychotherapie als integraler Bestandteil auch der stationären Jugendhilfe.

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