10.12.2013Regionale Fortbildungen zur "Psychotherapie für Menschen mit geistiger Behinderung" im November 2013 fanden großes Interesse

Ausgangslage zur Berufung des Arbeitskreises

Menschen mit geistiger Behinderung und gleichzeitiger psychischer Erkrankung haben es besonders schwer, einen ambulanten Therapieplatz zu finden. Angehörige, Kammermitglieder, kirchliche und kommunale Träger von Behinderteneinrichtungen und vereinzelt auch die Fachwissenschaft haben auf diese Versorgungslücke wiederholt hingewiesen. Deshalb wurde entsprechend einem Antrag aus der Vertreterversammlung entschieden, einen Arbeitskreis mit ausgewiesenen psychotherapeutischen Experten aus unterschiedlichen Versorgungsbereichen mit Erfahrung und Expertise in der Arbeit mit dieser Patientengruppe zu berufen. Der AK sollte klären, welche Bedingungen zur mangelnden Versorgungssituation für diese Patientengruppe beitragen und ein Konzept zur Verbesserung der Versorgung entwickeln.

Überlegungen und Planungen im Arbeitskreis

Man war sich beim Start des Arbeitskreises schnell einig, dass diese Fortbildungen jeweils regional organisiert werden sollten, um in eher kleinem Kreis nicht nur Vorträge zu hören, sondern auch in Austausch und Diskussion zwischen Erfahrenen und Interessierten zu kommen und ggfs. an regionalen Vernetzungen andocken zu können. Wir gingen zunächst von einem eher geringen Interesse aus und bereiteten uns dementsprechend auf Referate mit Diskussion und Austausch in Kleingruppen vor.

Veranstaltung in Ravensburg, Vortrag Stefan Meir, Teilnehmer


In einem ersten Schritt wurden vom AK im November fünf regionale Fortbildungsveranstaltungen in Stuttgart, Ravensburg, Karlsruhe, Reutlingen und Freiburg durchgeführt. Zum einen sollten Erfahrungen weitergegeben und Wissen über die psychotherapeutische Arbeit mit geistig behinderten Patienten vermitteln werden, zum anderen die Bereitschaft zur psychotherapeutischen Diagnostik und Behandlung mit dieser Patientengruppe erkundet und diskutiert werden. In weiteren Schritten soll dann auch überprüft werden, wie sich bereits bestehende Fortbildungsangebote der Ärztekammer und der KVen besser verknüpfen lassen.

Die regionalen Veranstaltungen waren alle sehr gut besucht. Die Lage und Atmosphäre der Räumlichkeiten prägte die Veranstaltungen mit, die hohe Teilnehmerzahl war unerwartet.

Entsprechend unterschiedlich, abhängig vom Veranstaltungsort sowie der Einrichtung, welche die Räume zur Verfügung stellte und den z.T. regionalen Referenten waren dann auch die Veranstaltungen gestaltet. In Freiburg und Karlsruhe fanden die Fortbildungen in Räumen der KV statt. In Stuttgart stellte die Diakonie Stetten Räume in zentraler Lage zur Verfügung. In Reutlingen konnten wir die Veranstaltung ebenfalls in zentraler Lage im Kaffeehäusle der Lebenshilfe und Bruderhaus Diakonie durchführen. In Ravensburg konnten wir in das vermutlich angenehmste Ambiente einladen: in das durch eine Tochtergesellschaft der Stiftung Liebenau betriebene und als öffentliches Tagesrestaurant geführte „Kochwerk“, das uns dankenswerterweise einschließlich Bewirtung kostenlos zur Verfügung gestellt wurde.

Veranstaltung Reutlingen, Vortrag Silke Sacksofsky, Teilnehmer


Wovon die vor Ort organisierenden, hoch engagierten Kolleginnen und Kollegen des Arbeitskreises dann doch etwas überrascht wurden, war das große Interesse und die unerwartet hohe Teilnehmerzahl, die dann z.T. auch zu Enge in den Räumen führte. In einer Veranstaltung drohte durch den durch die Teilnehmerzahl bedingten hohen Erwartungsdruck und den kurzfristigen Ausfall einer Referentin eher eine Überforderung, statt der Freude über das große Interesse. Insgesamt zeigte aber auch diese Veranstaltung ein durchaus positives Ergebnis, was sich in dem mehrheitlichen Wunsch nach weiteren Fortbildungsveranstaltungen zum Thema äußerte.

Die Veranstaltungen können schon jetzt im Sinne der Ziele als Erfolg gewertet werden

Trotz einzelner Schwierigkeiten können alle Veranstaltungen als Erfolg gewertet werden. Dies ist an den überwiegend positiven Rückmeldungen abzulesen, z.B. zu den sehr anschaulichen Fallbeispielen, den praxisnahen Inhalten und v.a. auch der Zeit zur Diskussion. Der Wunsch und Bedarf nach weiteren Veranstaltungen wurde durchgängig formuliert.

Anregend und in Ergänzung wichtig war die Teilnahme und Expertise der angestellten Kolleginnen und Kollegen aus der Behindertenarbeit und weiterer Berufsgruppen mit Erfahrung in der Arbeit mit Menschen mit geistiger Behinderung und vor allem auch die Anwesenheit einiger Eltern.

Zusammenfassung einiger Themen

Zu den regionalen Veranstaltungen liegen z.T. die Vorträge oder Zusammenfassungen der Referenten vor und können beim AK bzw. in der Kammer angefragt werden. Exemplarisch soll hier ein inhaltlicher Überblick zur Veranstaltung in Karlsruhe gegeben werden:

In Karlsruhe standen die Herausforderungen und Grenzen in der Arbeit mit geistig behinderten Menschen aus der Perspektive der Behindertenhilfe, einer Praxis für autistische Kinder und Jugendliche und einer niedergelassenen Therapeutin im Vordergrund. Dabei ging es um Begegnungen mit unterschiedlichen Ansätzen und Hilfsangeboten und der Heterogenität der Hilfesuchenden. Alle drei Referenten thematisierten die Möglichkeiten und Grenzen ihrer Arbeit. Besonderheiten der ambulanten Therapie mit Erwachsenen stellten bspw. die verschieden Zugangswege zu Psychotherapie über Einrichtungen oder hilfesuchende Eltern sowie der notwendige Einbezug des Hilfesystems des einzelnen Patienten unter Berücksichtigung der Schweigepflicht dar. Darüber hinaus wurden diagnostische Schwierigkeiten thematisiert und die für Patienten mit geistiger Behinderung zu kurzen Behandlungskontingente, welche sich generell an der Behandlung von nicht intellektuell eingeschränkten Patienten orientieren. Auch wurde die Beantragung von Therapien und die Gestaltung der Beziehung und des Abschieds nach Beendigung der Therapie angesprochen. Zu diesen Themen gab es viel Informations- und Diskussionsbedarf, was Gegenstand künftiger Veranstaltungen sein kann.

Themen Anliegen und Fragen der Teilnehmer

Die Themen und Fragen der Teilnehmer sollten als Pool für die Planung weiterer Ausarbeitungen und einer Handreichung aus FAQs bei der weiteren Arbeit des Arbeitskreises erfasst werden. Um eine Vorstellung von den Inhalten der Diskussionen und Fragen zu vermitteln bzw. auch zur Frage zu welchen Themen Fortbildungs- und Erfahrungsaustausch gewünscht sind, seien hier einige kurz aufgeführt:

Fazit und Überlegungen zur weiteren Planung:

Der Arbeitskreis empfiehlt aufgrund der gemachten Erfahrungen die weiteren Veranstaltungen im Workshopformat und in Gruppen mit begrenzter Teilnehmerzahl durchzuführen, um mehr Austausch zu ermöglichen und vor allem die unterschiedlichen wichtigen Themen mit mehr Zeit vertiefen zu können.

Das große Interesse und die zahlreichen positiven Rückmeldungen, Fragen und Anregungen machen die Veranstaltungen schon jetzt wertvoll für die Weiterarbeit im Sinne des Anliegens. Wir werden weiter berichten.

In allen Regionen zusammen haben wir durch die Veranstaltungen ca. 30 niedergelassene KollegInnen neu dazu gewinnen können, deren Praxen wir zur Psychotherapie auch für Menschen mit geistiger Behinderung nennen dürfen.

In allen regionalen Veranstaltungen wurde erfragt und festgehalten, wer an weiterem Austausch und Vernetzung interessiert ist. Weiter wurde erfasst, welche der niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen generell und bei mehr Vertrautheit und Fortbildung zur Thematik bereit wären, mit Menschen mit geistiger Behinderung psychotherapeutisch zu arbeiten und damit einverstanden wären, dass ihre Praxisadressen genannt werden. Hierzu wird nun eine Liste in der Kammer geführt.

Weiterhin bleibt die Bitte:

Da wir zunehmend häufiger gebeten werden, Adressen zu vermitteln, bitten wir weiterhin Psychotherapeuten, die Menschen mit geistiger Behinderung behandeln oder behandeln würden und die wir über die Veranstaltungen noch nicht erfasst haben, sich bei der Kammer zu melden.

Veranstaltung Freiburg, Vortrag Sabine Luttinger, Teilnehmer

 
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