11.11.2014GKV-Versorgungsstärkungsgesetz gibt richtige Impulse
BPtK warnt vor Abbau von rund 7.400 psychotherapeutischen Praxen

(BPtK) Die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) fordert für psychisch kranke Menschen einen schnelleren Zugang zu einer leitliniengerechten und ausreichenden Versorgung. „Endlich reagiert die Gesundheitspolitik auf die gravierenden Versorgungsdefizite bei der Diagnose und Behandlung von psychischen Erkrankungen“, stellt BPtK-Präsident Prof. Dr. Rainer Richter anlässlich der Anhörung zum Referentenentwurf des GKV-Versorgungsstärkungsgesetzes fest. Bisher erhalten nur knapp 20 Prozent der psychisch kranken Erwachsenen professionelle Hilfe durch einen Hausarzt, Facharzt oder Psychotherapeuten. Psychische Erkrankungen sind inzwischen der häufigste Grund für Erwerbsunfähigkeit und der zweithäufigste für Arbeitsunfähigkeit.

Psychotherapeutische Sprechstunde
Aus BPtK-Sicht sind für die geplante Einführung einer psychotherapeutischen Sprechstunde gesetzliche Vorgaben wesentlich: Der Gesetzgeber sollte dem Gemeinsamen Bundesauschuss (G-BA) das Ziel vorgeben, dass Patienten für die psychotherapeutische Sprechstunde kurzfristig Termine – möglichst innerhalb einer Woche – und als Ergebnis der Sprechstunde eine fachlich fundierte, vorläufige Indikationsstellung erhalten. Der G-BA sollte in der Psychotherapie-Richtlinie umfassend die dafür notwendigen Leistungen festlegen, also z. B. eine Erstuntersuchung, Anamnese, orientierende Erstdiagnostik und – falls erforderlich – eine psychotherapeutische Differenzialdiagnostik. Auf der Basis der Vorgaben der Richtlinie werden dann die Kassenärztliche Bundesvereinigung und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen die EBM-Ziffern verhandeln, die eine angemessene Vergütung der Sprechstundenleistungen gewährleisten müssen. „Dabei sollte der Gesetzgeber den Vertragspartnern deutlich machen, dass das Ziel der Verhandlungen eine Vergütung sein muss, die sicherstellt, dass die Sprechstunden auch angeboten werden können“, fordert der BPtK-Präsident.

Aufhebung der Befugniseinschränkungen
Um psychisch kranke Menschen angemessen versorgen zu können, brauchen Psychotherapeuten die Möglichkeit, Patienten ins Krankenhaus einzuweisen sowie Soziotherapie, Ergotherapie oder Logopädie zu verordnen. All diese Leistungen können aktuell durch Psychotherapeuten nicht verordnet und veranlasst werden. „Das Problem ist dabei nicht, dass Psychotherapeuten die Kompetenz fehlt, die Notwendigkeit dieser Leistungen festzustellen“, erläutert Richter. „Sie können dies mindestens so kompetent beurteilen wie ihre ärztlichen Kollegen.“ Die Krankenkassen befürchten vielmehr Mengen- und damit Ausgabenrisiken. Bei der Krankenhauseinweisung geht es in erster Linie jedoch um eine bessere Kooperation zwischen Krankenhäusern und niedergelassenen Psychotherapeuten. Die Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung stellt letztlich ein Mitarbeiter des Krankenhauses fest. Soziotherapie ist eine Leistung, die entsprechend der Richtlinien des G-BA nur für einen eng begrenzten Patientenkreis infrage kommt. Sie kann außerdem helfen, dass Patienten die erforderlichen Behandlungen ambulant in Anspruch nehmen können und ihnen damit eine Krankenhauseinweisung erspart bleibt. Die Befugniseinschränkung bei der Verordnung von Heilmitteln könnte schrittweise aufgehoben werden, je nachdem wie häufig und dringend sie von bestimmten Patienten benötigt werden.

Bedarfsplanung
„Eine eklatante Fehlentscheidung wäre es, wenn mit dem Versorgungsstärkungsgesetz eine psychotherapeutische Überversorgung abgebaut werden soll, die real gar nicht existiert“, stellt BPtK-Präsident Richter fest. Durch den Abbau einer fiktiven Überversorgung sind in Deutschland rund 7.400 psychotherapeutische Praxen gefährdet. Das sind ein Drittel der vorhandenen Praxen. In manchen Regionen käme ein solcher Abbau einem Kahlschlag gleich. „Ohne eine Reform der Bedarfsplanung, die die grob fehlerhaften Zahlen der psychotherapeutischen Bedarfsplanung von 1999 korrigiert, ist die geplante gesetzliche Regelung unverantwortlich“, urteilt Richter. „Die monatelangen Wartezeiten für psychisch kranke Menschen würden sich dadurch noch weiter drastisch verlängern.“

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