Der Landespsychotherapeutentag fand dieses Jahr in der Alten Reithalle des Maritim-Hotels Stuttgart statt. Dr. Dietrich Munz, Kammerpräsident und seit Mai auch gewählter Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer, konnte zahlreiche Mitglieder und Gäste zum Thema „Ambulante psychotherapeutische Versorgung – aktueller Stand und Perspektiven“ begrüßen. Wie er eingangs feststellte, habe Baden-Württemberg eine im bundesweiten Vergleich über dem Durchschnitt liegende Versorgung mit niedergelassenen Psychotherapeuten und auch mit stationären psychiatrischen und psychosomatischen Krankenhausbetten. Eine Besonderheit im bundesweiten Vergleich bestehe in dem 2008 zwischen der AOK BW und dem Hausärzteverband sowie dem Medi-Verbund abgeschlossenen Hausarztvertrag, der 2012 um den sogenannten PNP-Vertrag zur selektivvertraglichen Versorgung in Psychotherapie, Neurologie und Psychiatrie erweitert wurde. Dies bedeute eine gewollte Konkurrenz zwischen dem System der Kollektivversorgung über die KV und dem Selektivvertragssystem. Diese Rahmenbedingungen für die psychotherapeutische Versorgung seien mit ein wesentlicher Teil der folgenden Referate und sicher auch der Diskussion.
Darüber hinaus ging Dr. Munz auf die Konsequenzen des jüngst im Bundestag verabschiedeten GKV-Versorgungsstärkungsgesetz (GKV-VSG) ein. Für die vertragsärztliche Versorgung seien damit einige Chancen für die Verbesserung der Versorgung für Menschen mit psychischen Erkrankungen innerhalb des GKV-Systems eröffnet worden. Die vorgesehene Sprechstunde für Psychotherapeuten ermögliche es, Patienten beim ersten Gespräch zu beraten, welches Hilfsangebot sinnvoll und notwendig sei. Dies könne neben der Aufnahme einer ambulanten Psychotherapie die Empfehlung einer Präventionsmaßnahme oder einer Selbsthilfegruppe oder auch die Verordnung einer stationären Psychotherapie im Krankenhaus oder einer Rehabilitationseinrichtung sein. Eine Verbesserung solle auch dadurch erreicht werden, dass künftig in psychotherapeutischen Praxen das Jobsharing erleichtert bzw. im Sinne der Versorgung verbessert werden solle. Gleichzeitig habe der Gesetzgeber, so Dr. Munz, jedoch die Regelung zur Nachbesetzung bei der Praxisübergabe verschärft, indem er fordere, in Regionen mit einem offiziellen Versorgungsgrad von mehr als 140 Prozent die Anträge auf Nachbesetzung abzulehnen. Davon wären dann bundesweit über 4.000 psychotherapeutische Praxen betroffen. In Baden-Württemberg wären dies ca. 600 der aktuell etwa 3.000 Psychotherapeutenpraxen, also knapp 20 %.
„Dies würde zu einer drastischen Verschlechterung der psychotherapeutischen Versorgung im Land führen, die verhindert werden muss“ mahnt Dr. Munz. Er sehe einen kleinen Lichtblick am Horizont, da der GB-A durch das Gesetz beauftragt sei, die Bedarfsplanungsrichtlinie bis Anfang 2017 grundlegend zu überarbeiten. Falls hierbei zukünftig tatsächlich die Häufigkeit psychischer Erkrankungen berücksichtigt werde, wäre dies ein wesentlicher Fortschritt. Die Bundespsychotherapeutenkammer fordere deshalb, den Abbau von psychotherapeutischen Praxen so lange auszusetzen, bis eine neue Bedarfsplanung vorliegt.