EU-Dienstleistungsrichtlinie

Besuch der Präsidenten der Heilberufekammern bei EU-Parlamentariern

(LPK BW)

Im Rahmen der EU-Dienstleistungsrichtlinie soll die Mobilität von Dienstleistern und Dienstleistungen innerhalb der EU gefördert werden. In diesem Zusammenhang sollen berufsrechtliche gesetzgeberische Maßnahmen auf nationaler Ebene zukünftig im Vorfeld einer Prüfung nach einem von der Kommission vorgegebenen Prüfraster unterworfen werden und nachweisen müssen, ob sie gerechtfertigt und verhältnismäßig sind mit Blick auf die Förderung von Wachstum und Beschäftigung im Binnenmarkt.

Das vorgesehene Prüfschema sieht hier als mögliche Hürden für den europäischen Binnenmarkt z.B. Tätigkeitsvorbehalte parallel zu geschützten Berufsbezeichnungen, Standesregeln, Pflichtmitgliedschaften in einer Kammer und Anforderungen an Sprachkenntnisse. Allein den Blick auf den Abbau von vermeintlichen Hürden bei der grenzüberschreitenden Dienstleistungserbringung zu richten, wird nach unserer Einschätzung der komplexen Struktur der gewachsenen Sozialsysteme in Europa keinesfalls gerecht.

Das Prüfraster erweckt den Eindruck, die Selbstorganisation und -verwaltung der verkammerten Berufe würden insgesamt in Frage gestellt. Die Organisation in verkammerten Berufen ist jedoch Beispiel für sinnvolle und effiziente Umsetzung des europäischen Grundsatzes der Subsidiarität. Die Aufgaben werden durch die Kammern auf der unteren Ebene in der Selbstverwaltung nah an der Praxis wahrgenommen.

Wir, d. h. die LPK BW, die BPtK und die anderen Heilberufekammern halten vor diesem Hintergrund ein starres Rechtfertigungsschema für regulierte Berufe insgesamt für verfehlt. Dies gilt in verstärktem Maße für Gesundheitsberufe. Die bestehenden gesetzlichen Rahmenbedingungen für Gesundheitsberufe dienen in erster Linie der sicheren, qualitativ hochwertigen und wirksamen Versorgung der Patienten. Sie müssen natürlich immer auch wirtschaftlich sein. Die Vorschläge der Kommission gefährden die Qualität und Sicherheit der Patientenversorgung und sind mit erheblichen bürokratischen Kosten verbunden.

Die Heilberufekammern Baden-Württemberg haben bei einem Besuch bei Mitgliedern des EU-Parlaments in Straßburg dieses Thema aufgegriffen und die Parlamentarier gebeten, darauf hinzuwirken, dass die Kommission vom Richtlinienvorschlag zur Verhältnismäßigkeitsprüfung Abstand nimmt oder jedenfalls die Gesundheitsberufe vom Anwendungsbereich ausgenommen werden, da die Vorschläge für diesen Bereich nicht sachgerecht sind. Dies wurde auch in einem Brief an die baden-württembergischen Minister Lucha (Soziales) und Wolf (Justiz) unterstrichen. Die Herausnahme würde die Priorität des Schutzes der öffentlichen Gesundheit vor wirtschaftlichen Zielen dokumentieren. Berufsrechtliche Regelungen müssen auch ohne starres Prüfschema mit europäischem Recht vereinbar sein. Es bedarf keiner weiteren aufwendigen bürokratischen Vorgaben auf europäischer Ebene.

An den Gesprächen nahmen neben Vertreterinnen und Vertretern der Grünen (Frau Heubuch) und der SPD (Herr Simon) und bei einem gemeinsamen Mittagessen alle EU-Abgeordneten der CDU-Landesgruppe Baden-Württemberg im Europäischen Parlament teil. Die Parlamentarier äußerten Verständnis für das Anliegen der Heilberufekammern und sagten zu, sich in diesem Sinne für Änderungen in der Dienstleistungsrichtlinie und der Verhältnismäßigkeitsprüfung um eine Lösung zu bemühen.

v.l.n.r. Nikolaus Melkop, Europabeauftragter der BPtK, Dr. Dietrich Munz, Präs. Landes- & Bundespsychotherapeutenkammer, Dr. Günther Hanke, Präs. Landesapothekerkammer, Silke Laubscher, Vizepräs. Landesapothekerkammer, Dr. Torsten Tomppert, Präs. Landeszahnärztekammer, Dr. Matthias Fabian, Vizepräs. Landesärztekammer, Dr. Norbert Struß, Vizepräs. Landeszahnärztekammer, Dr. Thomas Steidl, Präs. Landestierärztekammer, Dr. Ulrich Clever, Präs. Landesärztekammer
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