EU-Gesundheitspolitik und Flüchtlinge
Dr. Isabel de la Mata von der Europäischen Kommission beschrieb zunächst die europarechtlichen Voraussetzungen für ein stärkeres Engagement für Flüchtlinge. Nach den Verträgen ist die Gesundheitsversorgung grundsätzlich Angelegenheit der Mitgliedstaaten und fällt nicht in die Kompetenz der Europäischen Union (EU). Andererseits sind gemeinsame Entscheidungen zur Migration durchaus Angelegenheit der EU. Sie hat daher auch die Versorgung von Flüchtlingen rechtlich geregelt.
Migranten und Flüchtlinge im Sinne der EU sind Personen, die nicht Einwohner eines europäischen Landes sind. EU-Bürger, die in einem anderen europäischen Land leben, sind damit keine Migranten. Dabei sind drei Gruppen zu unterscheiden: Die erste Gruppe sind Personen aus Drittstaaten, also aus Ländern, die nicht der EU angehören und die auch nicht über Abkommen, wie die Staaten der Europäischen Freihandelsassoziation EFTA, mit ihr verbunden sind. Diese haben die gleichen Rechte wie die Bürger des jeweiligen Mitgliedstaates, soweit sie sich legal in der EU aufhalten.
Die zweite Gruppe sind Flüchtlinge und Staatenlose, allerdings nur, wenn sie anerkannte Flüchtlinge sind und bereits ein Anerkennungsverfahren durchlaufen haben. Auch sie haben den gleichen Anspruch auf Gesundheitsleistungen wie die Bürger der Nationalstaaten. Allerdings kann ihre Freizügigkeit eingeschränkt sein, sodass ein anerkannter Flüchtling in München möglicherweise keine spezielle Gesundheitsversorgung in Berlin in Anspruch nehmen kann. Nach den EU-Richtlinien darf die Freizügigkeit von Flüchtlingen aber höchstens für 18 Monate eingeschränkt werden.
Damit EU-Richtlinien in den Mitgliedstaaten gelten, müssen sie in nationales Recht umgesetzt werden. Die Staaten dürfen dabei keine strengeren Regelungen, als in der EU-Richtlinie vorgesehen sind, beschließen, für Flüchtlinge günstigere aber schon. Nach der EU-Richtlinie darf der Aufenthaltsort eines Flüchtlings maximal 18 Monate auf seine Flüchtlingsunterkunft beschränkt sein. Ein einzelner EU-Staat kann deshalb nicht einen Verbleib von 20 Monaten vorschreiben. Er kann aber vorsehen, dass Flüchtlinge nur für zwei Monate in ihrer Freizügigkeit eingeschränkt werden.
Die dritte Gruppe von EU-Flüchtlingen sind Asylbewerber, für die ein "Essential Treatment" zur Verfügung gestellt werden muss. Darüber, was "essential" für die psychische Gesundheit ist, gehen die politischen Meinungen in den verschiedenen EU-Ländern jedoch weit auseinander. Allerdings haben alle Mitgliedstaaten die UN-Kinderrechtskonvention verabschiedet, nach der alle Minderjährigen in den EU-Staaten einen Anspruch auf alle "notwendigen Leistungen" haben - unabhängig von ihrem Status als Bürger oder Flüchtling. Nach einer Untersuchung, die voraussichtlich im Juli veröffentlicht wird, erfüllen jedoch nur vier Mitgliedstaaten diese Regelung der Kinderrechtskonvention.