Gesundheits-Apps auf Wirksamkeit prüfen

BPtK-Forderungen zur 1. Lesung des Digitalen Versorgung-Gesetzes

(BPtK)

Der Deutsche Bundestag berät morgen in 1. Lesung das Digitale Versorgung-Gesetz (BT-Drs. 19/13438). Die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) sieht noch erheblichen Nachbesserungsbedarf, damit Gesundheits-Apps nicht die Patientensicherheit gefährden. Dazu gehört insbesondere die Forderung, dass digitale Programme zur Behandlung von psychischen Erkrankungen nachweisen müssen, dass sie überhaupt wirksam sind, und zwar durch klinische Studien mit Kontrollgruppe. Bisher ist lediglich vorgesehen, dass sie eine ausreichende technische Funktionalität und Datensicherheit sicherstellen müssen.

„Wenn ein Patient therapeutische Übungen leistet, die gar nicht oder zu wenig wirken, verstärkt dies seinen Eindruck, z. B. nicht gegen seine depressiven Stimmungen anzukommen“, erläutert BPtK-Präsident Dr. Dietrich Munz. „Für einen depressiv kranken Menschen ist es meist eine erhebliche Anstrengung, sich trotz seiner überwältigenden Gefühle der Niedergeschlagenheit und Antriebslosigkeit psychotherapeutisch behandeln zu lassen. Misserfolge durch gar nicht oder zu wenig wirksame Apps untergraben die Therapiemotivation und können zu einer substanziellen Verschlechterung der Erkrankung führen.“

Weitere Forderungen der BPtK sind:

  • Wirksame digitale Programme können ergänzend in einer Psychotherapie genutzt werden, sie können aber ein direktes Gespräch von Psychotherapeut und Patient von Angesicht zu Angesicht nicht ersetzen. Insbesondere Diagnose, Indikationsstellung und Aufklärung müssen immer im unmittelbaren Gegenüber erfolgen, um fachliche Standards und Sorgfaltspflichten zu erfüllen.
  • Nur Psychotherapeuten oder Ärzte haben die fachliche Qualifikation zu beurteilen, ob und welche Gesundheits-App in einer Behandlung eingesetzt werden kann. Servicehotlines und Berater von Krankenkassen haben diese Qualifikation keineswegs. Deshalb sollten digitale Programme ausschließlich von Psychotherapeuten und Ärzten verordnet werden. Krankenkassen dürfen darum Versicherten auch keine Beratungsangebote machen, um Versorgungsinnovationen wie z. B. Gesundheits-Apps zu fördern.
  • Psychotherapeuten sollten – wie Ärzte auch – Präventions-Apps empfehlen können, wenn sie in ihrer Sprechstunde Patienten haben, die noch nicht an einer psychischen Erkrankung leiden, aber ein erhöhtes Risiko dafür aufweisen.
  • Krankenkassen dürfen sich nicht finanziell an Start-ups beteiligen, die digitale Programme entwickeln. Versichertenbeiträge sind kein Risikokapital für spekulative Finanzgeschäfte. Gesundheits-Apps dürfen deshalb auch nicht schon während ihrer Erprobung von Krankenkassen finanziell gefördert werden.
  • Die BPtK lehnt die geplante Nutzung von Sozialdaten zur Förderung und Entwicklung digitaler Innovationen strikt ab. Krankenkassen im Wettbewerb nutzen die Versichertendaten schon bisher zur Risikoselektion. Keinesfalls darf die Zustimmung des Versicherten angenommen werden, solange er nicht ausdrücklich widersprochen hat.

Die BPtK begrüßt, dass mit dem DVG:

  • Patienten, Psychotherapeuten und Ärzte künftig in einem Online-Verzeichnis beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte nachschlagen können, welche Gesundheits-Apps nachweislich wirksam und sicher sind. Ein solches Verzeichnis kann eine maßgebliche Orientierung für die Nutzung von Apps in psychotherapeutischen Behandlungen sein und
  • Gesundheits-Apps zur Regelversorgung gehören werden. Geprüfte Apps können dann allen Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung verordnet werden und stehen nicht nur den Versicherten einzelner Krankenkassen zur Verfügung.
Themen: