Barmer-Studie zu der ab 2017 geltenden Psychotherapierichtlinie

Interview mit LPK-Präsident Dr. Dietrich Munz

(LPK BW)

Mit der Reform der Psychotherapie-Richtlinie im Jahr 2017 wurde der Besuch einer psychotherapeutischen Sprechstunde Voraussetzung für den Beginn einer Psychotherapie in der ambulanten kassenärztlichen Versorgung. Wie Kammerpräsident Dr. Dietrich Munz im Interview mit der Badischen Zeitung am 18. Juli 2020 hervorhebt, ging „die Umsetzung bei den Kolleginnen und Kollegen sehr zügig“. Und sie habe sich auch schnell bewährt. Anlass des Interviews, an dem auch Barmer-Landesgeschäftsführer Winfried Plötze beteiligt war, waren die Ergebnisse des Barmer Arztreport 2020, in der über 2000 Versicherte befragt wurden, die eine psychotherapeutische Sprechstunde in Anspruch genommen hatten. Zudem wurden die Abrechnungsdaten aus 2016 und 2018 in dieser Studie verglichen.

Ergebnisse der Studie:  Nach der Reform hatten im Jahr 2018 bundesweit 12 % mehr Menschen Kontakt zu Psychotherapeuten als 2016, in BW betrug der Anstieg knapp 9 %. Die Versicherten stellten der psychotherapeutischen Sprechstunde ein überwiegend positives Zeugnis aus, mehrheitlich fühlten sich die Befragten durch sie gut betreut, ca. 2/3 konnten danach innerhalb von vier Wochen eine Psychotherapie beginnen. Letztere wurde meist (71 %) dort begonnen, wo auch die Sprechstunde stattfand. Ebenfalls ca. 2/3 waren nach Therapieende mit dem Ergebnis vollkommen oder sehr zufrieden.

Die Studie weist auch darauf hin, dass die Anzahl der Psychotherapeutinnen in den vergangenen Jahren angestiegen ist, aber deutlich weniger in Vollzeit arbeiten. Dies entspricht der allgemeinen Entwicklung zu mehr halben Kassensitzen für Psychotherapie. Weiterhin wurde untersucht, wie hoch der Anteil der Bevölkerung ist, die innerhalb eines Jahres Kontakt mit Psychotherapeuten hatte. Dieser ist in gut versorgten Städten wie Freiburg und Heidelberg  etwa doppelt so hoch wie im Bundesdurchschnitt. Die weiterhin bestehenden Wartezeiten auf einen Psychotherapieplatz weisen auch in den Regionen mit relativ guter Versorgung aus Sicht der LPK BW eher auf eine nach wie vor bestehende Unterversorgung und weiterhin mangelhafte Bedarfsplanung hin. Zudem sieht Kammerpräsident Munz das häufig gepflegte Vorurteil widerlegt, dass Psychotherapeuten jeden in Behandlung nehmen, der bei Ihnen anfragt. Für fast 30 % der befragten Versicherten sei keine Behandlung in der  psychotherapeutischen Praxis indiziert gewesen, diese seien dann an andere, z. B. stationäre Behandlungsangebote weiterverwiesen worden.

Insgesamt könne hervorgehoben werden, dass Patienten/Versicherte von einer ambulanten Psychotherapie profitieren und mit dem Ergebnis zufrieden sind.

Zufriedenheit der Versicherten mit unterschiedlichen Aspekten einer psychotherapeutischen Behandlung, Quelle: BARMER-Versichertenbefragung 2019 (gewichtete Ergebnisse, ohne Berücksichtigung der Kategorie „keine Angabe“)
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