Munz erläuterte die zentralen Punkte des Sofortprogramms für psychisch kranke Menschen:
Wartezeiten auf eine psychotherapeutische Behandlung verringern
Die Bedarfsplanung müsse so weiterentwickelt werden, wie es bereits ein Gutachten für notwendig erachtet habe, das der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) selbst in Auftrag gegeben hatte. Danach sind rund 2.400 zusätzliche Psychotherapeutensitze notwendig. Davon ermöglichte der G-BA bei seiner Reform 2019 allerdings nur 800 Sitze. Der Gesetzgeber solle deshalb den G-BA beauftragen, die noch fehlenden 1.600 Sitze in strukturschwachen und ländlichen Gebieten, aber auch im Ruhrgebiet zu schaffen, forderte Munz. Mit diesem Vorschlag würde auch das Anliegen der Bundesregierung aufgegriffen, insbesondere die Situation von Kindern und Jugendlichen zu verbessern. Zum einen sei jeder fünfte Sitz für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie reserviert. Zum anderen sollten zum Sofortprogramm auch gesetzliche Regelungen gehören, die Ermächtigungen und Sonderbedarfszulassungen für die Versorgung von Kindern und Jugendlichen erleichtern.
Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen ambulant versorgen
Munz erinnerte daran, dass bereits die letzte Bundesregierung den G-BA beauftragt habe, die ambulante Versorgung schwer psychisch kranker Menschen zu verbessern. Die vom G-BA beschlossene Richtlinie erschwere jedoch die Versorgung. Sie führe zu überflüssigen Mehrfachuntersuchungen und schränke die Zahl der Psychotherapeut*innen und Ärzt*innen ein, die die Planung und Koordination der Gesamtbehandlung übernehmen könnten. Es sei deutlich, dass die Krankenkassen alles dafür täten, dass dieses Versorgungsangebot nicht entstehen könne. Eine Korrektur sei auch deshalb wichtig, damit der G-BA nicht die gleichen Fehler bei der Richtlinie für Kinder und Jugendliche wiederhole. Außerdem müssten Psychotherapeut*innen die Befugnis erhalten, heilpädagogische, sozialarbeiterische und psychologische – sogenannte nicht-ärztliche sozialpädiatrische Leistungen – zu verordnen. Erst mit dieser Befugnis könne eine umfassende Planung und Koordination der Versorgung komplex psychisch kranker Kinder und Jugendlicher gelingen.
Sprachmittlung für Patient*innen ohne ausreichende Deutschkenntnisse
Die BPtK fordere seit Langem, Sprachmittlung für die Gesundheitsversorgung für Migrant*innen und Flüchtlinge, die der deutschen Sprache nicht ausreichend mächtig sind, zu finanzieren. Ohne ausreichende sprachliche Verständigung sei eine psychotherapeutische Behandlung schlicht unmöglich. Sprachmittlung sei auch für die meisten ukrainischen Flüchtlinge notwendig, wenn sie aufgrund ihrer Erlebnisse psychisch erkrankten. Ab dem 1. Juni 2022 seien ukrainische Flüchtlinge gesetzlich krankenversichert. Damit hätten sie grundsätzlich auch einen Anspruch auf Psychotherapie. Ohne Sprachmittlung sei sie aber praktisch nicht durchführbar. Daher fordere die BPtK gemeinsam mit anderen Organisationen, dass Sprachmittlung eine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung werde. Das Sofortprogramm müsse auch hier so schnell wie möglich die Weichen stellen.
Zukunft der Psychotherapie sichern
Mit dem Sofortprogramm müsse auch die Zukunft der Psychotherapie gesichert werden, stellte Munz fest. Die Reform der Psychotherapeutenausbildung habe die Grundlagen für eine Aus- und Weiterbildung in hoher Qualität geschaffen. Die BPtK und die Landespsychotherapeutenkammern seien mit Hochdruck dabei, die Weiterbildung in ihren Ordnungen umzusetzen. Dennoch fehle in der Weiterbildung ein entscheidender Baustein: Der Gesetzgeber müsse die Finanzierung der ambulanten und stationären Weiterbildung regeln, damit die Ziele der Reform realisiert werden können.
Der 40. DPT bekräftigte diese Forderungen mit Resolutionen zur Komplexversorgung, zur Bedarfsplanung, zur Sprachmittlung und zur Finanzierung der psychotherapeutischen Weiterbildung.