Am 3. Dezember, dem Internationalen Tag der Menschen mit Behinderungen, fand das Abschlussseminar der diesjährigen Fortbildungsreihe zur Psychotherapie bei Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung statt.
Dr. Jan Glasenapp referierte zum Thema "Ambulante Psychotherapie für Menschen mit geistiger Behinderung - Berufs- und sozialrechtliche Rahmenbedingungen". Das spannende Thema zog das Interesse von über 100 Teilnehmer*innen auf sich.
Die Veranstaltung begann mit einleitenden Worten von Dr. Roland Straub, der zunächst noch einmal auf den besonderen Anlass hinwies und Parallelen zum Internationalen Tag der Menschen mit Behinderung zog. Er bedankte sich bei allen Anwesenden, dass sie an diesem Tag zusammengekommen sind, um ihr Wissen über Psychotherapie bei Menschen mit Intelligenzminderung zu erweitern. Er betonte, dass das Hauptziel dieser Veranstaltungsreihe nach wie vor darin bestehe, mehr Psychotherapeut*innen zu ermutigen, Patient*innen mit intellektueller Beeinträchtigung in Therapie zu nehmen und damit die Versorgung dieser Patientengruppe zu verbessern.
Er gab außerdem bekannt, dass seine Aufgaben als Vorstandsbeauftragter des Arbeitskreises „Psychotherapie bei Menschen mit Intelligenzminderung“ ab dem 01.01.2025 von Dorothea Groschwitz übernommen werde. Dr. Straub werde jedoch weiterhin dem Arbeitskreis verbunden bleiben. Anschließend übergab er das Wort an den Referenten - Dr. Jan Glasenapp.
Dr. Glasenapp begann seine Ausführungen ebenfalls mit Dankesworten. Er bedankte sich zunächst bei den Organisatoren der Veranstaltung (LPK BW) und bei den Teilnehmer*innen für ihre Bereitschaft, sich in diesem speziellen Fachgebiet fortzubilden.
In seinem Vortrag betonte Dr. Glasenapp unter Bezug auf die aktuelle Pressemitteilung der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) vom 3. Dezember 2024 die Dringlichkeit einer inklusiven und barrierefreien psychotherapeutischen Versorgung.
Er wies auf die zahlreichen Hürden hin, denen Menschen mit geistiger Behinderung im Zugang zur psychotherapeutischen Versorgung begegnen. Besonders problematisch sei die fehlende Verfügbarkeit von standardisierten diagnostischen Instrumenten in deutscher Sprache, die eine präzise Diagnose erheblich erschwerten. Obwohl internationale Forschungsergebnisse die Wirksamkeit psychotherapeutischer Interventionen in dieser Patientengruppe belegen, fehle es an kontrollierten Studien, um diese Erkenntnisse systematisch auf den deutschsprachigen Raum zu übertragen.
Ein wichtiger Punkt des Vortrags war die Berücksichtigung von Patientinnen mit intellektuellen Beeinträchtigungen in der Ausbildung zukünftiger Therapeut*innen als ein entscheidender Schritt zur nachhaltigen Verbesserung der Versorgungsqualität.
Als Überleitung zum Thema Berufsrecht stellte Dr. Glasenapp die Musterberufsordnung vor, wobei er insbesondere auf international anerkannte ethische Prinzipien und deren Bedeutung für die Qualitätssicherung in der Psychotherapie einging.
Weiter ging er ausführlich auf einzelne Paragrafen der aktuellen Berufsordnung der LPK BW ein. Insbesondere behandelte er Paragraf 6 (Aufklärungspflicht) sowie Paragrafen 9 (Besondere Aspekte) und Paragraf 13a (Auskunftsverlangen und Einflussnahme Dritter), 17 (Interessenkonflikte). Er betrachtete jeden dieser Paragrafen im Hinblick auf seine Anwendung in der Therapie von Patienten mit intellektueller Beeinträchtigung und untermauerte seine Ausführungen mit anschaulichen und verständlichen Beispielen aus der Praxis.
Auch sozialrechtliche Aspekte kamen nicht zu kurz. Hier betonte Dr. Glasenapp die Bedeutung einer stärkeren Steuerung der ambulanten Versorgung durch gezielte Regelungen. Beispiele wie die Einführung von spezialisierten Angeboten in medizinischen Zentren für Erwachsene mit Behinderungen (MZEBs) könnten einen wichtigen Beitrag zur Inklusion leisten.
Besondere Aufmerksamkeit wurde auf Aspekte wie die Änderungen an der Psychotherapie-Richtlinie (PT-RL) gelegt, die von direkter Bedeutung für die Therapie von Patienten mit intellektuellen Beeinträchtigungen sind. Zudem wurden die Besonderheiten der Arbeit im Rahmen der Selektivverträge, das Gutachter-Verfahren sowie Erkenntnisse aus den eigenen Erfahrungen des Referenten beleuchtet.
Anschließend wurden Beispiele für Behandlungspläne vorgestellt.
Sowohl Dr. Straub als auch Dr. Glasenapp betonten in ihren Ausführungen die Bedeutung von Qualitätszirkeln für die Verbesserung der psychotherapeutischen Versorgung, sowohl für diese sensible Patientengruppe als auch für alle anderen. Es wurde über die aktuelle Organisation eines solchen Qualitätszirkels in Stuttgart sowie über bereits aktive Qualitätszirkel in anderen Städten Baden-Württembergs berichtet und ausgetauscht.
Im Anschluss hatten die Teilnehmer die Möglichkeit, Fragen zu stellen, woraus sich eine rege Diskussion entwickelte.
Am Ende des Abends bedankten sich die Teilnehmer herzlich bei dem Referenten und den Organisatoren für den äußerst informativen Abend, an dem so wichtige Aspekte der psychotherapeutischen Arbeit mit Menschen mit Intelligenzminderung thematisiert wurden.
Wir bedanken uns herzlich bei allen Teilnehmer*innen für Ihr Interesse und bei allen Referenten für Ihr Engagement! Wir sehen uns im nächsten Jahr auf weiteren Veranstaltungen der Fortbildungsreihe zur Psychotherapie bei Menschen mit intellektuellen Beeinträchtigungen.
Die Folien des Vortrags von Dr. Jan Glasenapp sowie das gesamte Programm der Fortbildungsreihe stehen unten zur Ansicht und zum Download zur Verfügung.