Die Behandlung und Betreuung psychisch kranker Kinder und Jugendlicher ist in der Regel eine komplexe Leistung, die eine qualifizierte Kooperation verschiedener Institutionen, Leistungserbringer und Kostenträger erfordert. Neben den Leistungen des SGB V bietet die Jugendhilfe im Rahmen des SGB VIII Eltern ein breites Spektrum an Hilfen zur Erziehung, die Eltern in Anspruch nehmen können.
Zu den Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe gehört auch die Gewährung von Eingliederungshilfen, sowie Hilfen zur Teilhabe für psychisch kranke Kinder im Rahmen des §35a SGB VIII.
Als niedrigschwelligstes Angebot der Jugendhilfe unterstützen Psychologischen Beratungsstellen bzw. Erziehungsberatungsstellen Eltern in der Erziehung. Sie bieten Diagnostik, Beratung und Therapie bei Fragen zur Entwicklung und Erziehung von Kindern und Jugendlichen und stellen Kindern und Jugendlichen Hilfen zur Verfügung, die sie in ihrer Entwicklung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit fördern. Zu den erforderlichen Maßnahmen kann je nach Art und Schwere der Störung auch Psychotherapie gehören. Dieses Angebot können Eltern, Kinder und Jugendliche bundesweit kostenfrei in Anspruch nehmen.
An der Schnittstelle zwischen gesetzlicher Krankenversicherung und Jugendhilfe sind die Frühförderstellen tätig, die schwerpunktmäßig familiennahe pädagogische und beratende Hilfen bis zur Einschulung anbieten.
Komplementär zu den Frühförderstellen arbeiten die sozialpädiatrischen Zentren. Ihre zentrale Aufgabe besteht in der fachlich medizinischen Betreuung und Behandlung von Kindern mit Behinderungen oder drohenden Behinderungen. Inzwischen haben sich in vielen Regionen auch Säuglingsambulanzen etabliert, in denen frühe Regulations- und Beziehungsstörungen behandelt werden.
Hilfen zur Erziehung
Die Hilfen zur Erziehung sind in Deutschland staatliche (kommunale) Leistungen der Jugendhilfe für Familien mit Kindern. Gesetzlich geregelt sind diese Hilfen im § 27 des Kinder- und Jugendhilfegesetz (KJHG / SGB VIII). Die in den Paragrafen 28-35a aufgeführten Hilfen werden nach Durchführung des Hilfeplanverfahrens (§ 36) von den örtlichen Jugendämtern gewährleistet.
Nützliche Links
Erläuterungen im Familienhandbuch.de
Infoseite des Landesjugendamtes Bayern zu Hilfen zur Erziehung
Eingliederungshilfen
Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche nach § 35a SGB VIII
Nach dem § 35a SGB VIII haben Kinder oder Jugendliche Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn
- ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht, und (!)
- daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist (= Behindertenbegriff nach § 2 Abs. 1 SGB IX).
Zu beachten ist somit die Zweigliederigkeit des Leistungstatbestands: Beide Bedingungen müssen erfüllt sein, damit von einer seelischen Behinderung gesprochen werden kann.
In der Neufassung wurde zudem ergänzend konkretisiert, dass Kinder oder Jugendliche von einer seelischen Behinderung bedroht sind, bei denen eine Beeinträchtigung ihrer Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nach fachlicher Erkenntnis mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. Durch die Änderungen wurde die Definition der drohenden Behinderung sinngemäß der für die Eingliederungshilfe im Rahmen der Sozialhilfe (§ 53 Abs. 2 SGB XII) angepasst.
Zur Feststellung des Anspruchs auf Hilfe nach dem § 35a SGB VIII sind auch zwei verschiedene fachliche Einschätzungen notwendig: Zunächst muss die Abweichung der seelischen Gesundheit des jungen Menschen diagnostiziert werden. Der Personenkreis, der vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe zur Stellungnahme hinsichtlich dieser Abweichung beauftragt werden kann, wurde in der Neufassung des SGB VIII benannt.
So hat die Stellungnahme zu erfolgen durch:
- einen Arzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie und –psychotherapie,
- einen Kinder- und Jugendpsychotherapeuten
- oder einen Arzt oder einen psychologischen Psychotherapeuten, der über besondere Erfahrungen auf dem Gebiet seelischer Störungen bei Kindern und Jugendlichen verfügt.
Außerdem wurde im Rahmen der Novellierung festgehalten, dass die Hilfe nicht von der Person oder dem Dienst oder der Einrichtung, der die Person angehört, die die Stellungnahme abgibt, erbracht werden soll. Durch diese vorgeschriebene Trennung von Diagnose und Leistungserbringung sollen potenzielle Interessenskollisionen ausgeschlossen werden. Diagnose und Therapie sollen unabhängig voneinander erbracht werden.
Zum anderen wird die Beeinträchtigung der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft durch die sozialpädagogische Fachkraft im Jugendamt diagnostiziert. Die abschließende Feststellung des Eingliederungsbedarfes erfolgt durch die Fachkräfte im Jugendamt.
Die Regelungen im Zusammenhang mit dem § 35a SGB VIII sind sehr komplex und werden von den einzelnen Jugendämtern, bei denen die Anträge gestellt werden müssen sehr unterschiedlich gehandhabt. Die Linkliste gibt wichtige Hinweise auf detaillierte Ausführungen zur Handhabung dieser Hilfeform.
Nützliche Links
Erläuterungen des Kommunalverbandes für Jugend und Soziales In Baden-Württemberg zum § 35a
Arbeitshilfe des Instituts für Sozialpädagogische Forschung Mainz zum § 35a
Eingliederungshilfe/Hilfen zur Teilhabe
Aufgabe der Eingliederungshilfe ist es, eine drohende Behinderung zu verhüten oder eine Behinderung oder deren Folgen zu mildern oder zu beseitigen, und die behinderten Menschen bestmöglich in die Gesellschaft einzugliedern. Die damit verbundenen Maßnahmen werden in der Regel vom Sozialamt finanziert und sind dort zu beantragen. Eingliederungshilfe bezeichnet und finanziert umfangreiche Rehabilitationsmaßnahmen für behinderte Personen im Bundessozialhilfegesetz (§§ 54 ff. SGB XII). Maßnahmen der Eingliederungshilfe sind:
- heilpädagogische Maßnahmen für Kinder, die noch nicht schulpflichtig sind
- Hilfe zur angemessenen Schulbildung
- Hilfe zur Ausbildung oder zur Aufnahme einer sonstigen Tätigkeit
- Hilfe zur Fortbildung im Beruf oder zur Umschulung
- ambulante oder stationäre Behandlung oder sonstige ärztliche oder ärztlich angeordnete Maßnahmen
- Versorgung mit orthopädischen oder anderen Hilfsmitteln
- Hilfe zur Erlangung eines geeigneten Arbeitsplatzes
- Hilfe bei der Beschaffung und Erhaltung einer Wohnung
- nachgehende Hilfe zur Sicherung der Wirksamkeit bei ärztlich verordneten Maßnahmen und zur
- Sicherung der Eingliederung in das Arbeitsleben
- Hilfen zur Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft.
Beratungsstellen
Erziehungsberatungsstellen Institutionelle Erziehungs- und Familienberatung ist eine im SGB VIII verankerte, Pflichtaufgabe der Jugendhilfe. Sie wird im multidisziplinären Fachteam einer Erziehungsberatungsstelle erbracht in denen Fachkräfte aus den Berufsgruppen der Psychologie, Sozial-, Heil- und Diplompädagogik zusammenarbeiten.
Der Auftrag der Erziehungs- und Familienberatung beinhaltet:
- Unterstützung von Eltern, Kindern und Jugendlichen bei
- Entwicklungs- und Erziehungsfragen / -problemen
- individuellen und familienbezogenen Problemen
- Trennung und Scheidung
- Gewalt und sexueller Gewalt
- Mitwirkung bei der Hilfeplanung der Jugendämter
- Prävention und Frühintervention.
Ihr Leistungsspektrum umfasst:
- Psychologisch-pädagogische Beratung, Diagnostik, Therapie und Krisenintervention
- Prävention
- Öffentlichkeitsarbeit
- Fachberatung / Kooperation insbesondere mit Kindertageseinrichtungen, Schulen und sozialen Diensten
- Mitwirkung in Ausschüssen, Arbeitsgruppen
- fachliche Stellungnahmen.
Ihre Zielgruppen sind:
- Eltern, Kinder, Jugendliche, junge Erwachsene, Familien, andere Erziehungsberechtigte
- allein erziehende Eltern, Stief-, Pflege- und Adoptivfamilien
- Migrantenfamilien
- Fachkräfte aus Einrichtungen der Jugendhilfe, des Bildungs- und Gesundheitswesens und der Justiz.
Nützliche Links
Info zu Beratungsstellen im Familienhandbuch.de
Bundeskonferenz für Erziehungsberatung
Beratungsangebot für Eltern der Bundeskonferenz für Erziehungsberatung e.V. (bke)