Psychische Erkrankungen sind die dritthäufigste Ursache für Arbeitsunfähigkeit

(LPK BW)

Während im Jahr 2016 psychische Erkrankungen noch als zweithäufigste Ursache für Arbeitsunfähigkeit galten, sind sie mittlerweile auf Platz drei gerutscht. Das liegt an der enormen Zunahme an Atemwegserkrankungen. Sie sind mittlerweile der Hauptgrund für AU-Tage. Auf Platz zwei liegen Muskel- und Skeletterkrankungen. Zudem konnte laut aktuellem BKK-Gesundheitsreport zwischen 2016 und 2023 ein Anstieg der AU-Tage festgestellt werden, der vornehmlich auf Atemwegserkrankungen und psychische Störungen zurückgeht. 

Der DAK-Gesundheitsreport stellte für das Jahr 2024 zwar einen Rückgang der Atemwegserkrankungen fest, sie waren mit den meisten Fehltagen pro 100 Versicherten aber nach wie vor der häufigste Grund für eine Krankschreibung. 

Psychische Erkrankungen haben längere Ausfallzeiten 

Obwohl Atemwegserkrankungen auch im Jahr 2024 der häufigste Grund für Arbeitsunfähigkeit waren, ziehen sie vergleichsweise geringe Ausfallzeiten nach sich. Das Wissenschaftliche Institut der AOK schreibt dazu, dass der Anteil der AU-Tage, die aufgrund von Atemwegserkrankungen genommen wurden, im Jahr 2024 nur 15,1 Prozent ausmachten. Psychische Erkrankungen führen hingegen in der Regel zu deutlichen längeren Ausfallzeiten. 

Frauen sind häufiger betroffen als Männer

Dem BKK-Gesundheitsreport zufolge sammeln Frauen im Laufe eines Jahres im Durchschnitt mehr AU-Tage als Männer. Davon sind alle Altersgruppen betroffen. Dementsprechend weisen Frauen auch mehr Fehltage aufgrund psychischer Erkrankungen auf. Männliche Berufstätige sind hingegen häufiger von Muskel-Skelett-Erkrankungen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Verletzungen betroffen. 

Die Anfälligkeit von Frauen für bestimmte psychische Erkrankungen wie Angststörungen und Depressionen liegt vermutlich in verschiedenen Faktoren begründet. Unter anderem spielen sozio-kulturelle Begebenheiten eine Rolle. Frauen übernehmen häufig den Großteil der Care-Arbeit und sehen sich so einer Doppelbelastung ausgesetzt. 

Auch die Hormone könnten Einfluss haben. Die weiblichen Sexualhormone Östrogen und Progesteron wirken sich auf den Serotoninspiegel aus und können bei manchen Frauen depressive Verstimmungen hervorrufen. 

Das Ärzteblatt schreibt, dass dreimal so viele Frauen als Männer an einer Depression erkrankt sind. Um diesen Missstand auszugleichen, sind effektive Präventionsmaßnahmen sowie eine bessere psychologische Behandlung von Bedeutung. Dabei ist es wichtig, individueller auf die geschlechtsspezifischen Bedürfnisse von Frauen einzugehen 

Psychische Erkrankungen sind der häufigste Grund für Berufsunfähigkeit 

Zahlreiche Berufstätige fallen aufgrund einer psychischen Erkrankung wochenlang aus, können anschließend aber an ihren Arbeitsplatz zurückkehren. Das ist allerdings nicht immer der Fall. Bei manchen Betroffenen ist der Leidensdruck so groß, dass sie berufsunfähig werden und ganz mit dem Arbeiten aufhören müssen. Laut dem Gesamtverband der Versicherer sind psychische Erkrankungen der häufigste Grund für die Berufsunfähigkeit. Im Jahr 2022 waren es 35 Prozent der Fälle. 

Als berufsunfähig gilt, wer seinen zuletzt ausgeübten Beruf nicht mehr oder zu mindestens 50 Prozent nicht mehr ausführen kann. Die Berufsunfähigkeit muss außerdem für voraussichtlich mindestens sechs Monate anhalten. Gegebenenfalls kann ein Wechsel in eine andere Branche Abhilfe schlafen. Möglicherweise handelt es sich aber auch um eine Erwerbsunfähigkeit, sodass der Betroffene gar keiner Erwerbstätigkeit mehr nachkommen kann. 

Da die Berufsunfähigkeit starke finanzielle Einbußen mit sich bringen kann, ist eine entsprechende Absicherung ratsam. Allerdings hat in Deutschland nur jeder Fünfte eine Berufsunfähigkeitsversicherung abgeschlossen. Viele Menschen wären also auf die Erwerbsminderungsrente angewiesen. 

Psychische Belastung am Arbeitsplatz hat verschiedene Gründe

Berufstätige Frauen und Männer, die sich am Arbeitsplatz einer ständigen Überlastung gegenübersehen, haben ein erhöhtes Risiko, an einem Burn-out zu erkranken. Auch mangelnde Wertschätzung, eine unausgeglichene Work-Life-Balance oder Mobbing können den Stressfaktor erhöhen. 

Auf einen Zusammenhang zwischen Depressionen und Stress auf der Arbeit gibt es hingegen wenig Hinweise. Für das Entstehen einer Depression muss eine genetische Veranlagung gegeben sein. Darauf haben weder Arbeitnehmer noch Arbeitgeber Einfluss. 

Unternehmen können dennoch einiges tun, um die erkrankten Angestellten aufzufangen und sie dabei unterstützen, schnellstmöglich eine adäquate Behandlung wahrnehmen zu können, sodass den Betroffenen viel Leid erspart und die Ausfallzeiten minimiert werden. 

Präventionsmaßnahmen helfen nur bedingt 

Arbeitgeber können davon profitieren, wenn sie ein möglichst stressfreies Arbeitsumfeld und ein angenehmes Betriebsklima kreieren. Zusätzlich kann das Angebot von gesundheitsfördernden Maßnahmen dazu beitragen, Burn-outs, einige Muskel-Skelett-Erkrankungen oder andere Auslöser für Fehltage auf ein Minimum zu senken. Gegen psychische Erkrankungen wie Depressionen, posttraumatische Belastungsstörungen oder eine bipolare Störung helfen diese Vorsorgemaßnahmen in der Regel nicht. Hier ist ein anderer Ansatz notwendig. 

Offene Kommunikation und Unterstützungsangebote 

Eine offene Kommunikationskultur macht es Angestellten leichter, sich bezüglich ihrer psychischen Erkrankung zu äußern, auch wenn sie dazu natürlich nicht verpflichtet sind. Zudem können Unternehmen ihre Unterstützung signalisieren, indem sie Ansprechpartner benennen und Beratungsangebote zur Verfügung stellen. 

Auch ein allgemeines Grundwissen zu psychischen Erkrankungen und ein nicht-stigmatisierender Umgang mit dem Thema können sich positiv auswirken. Im besten Fall suchen sich Betroffene schneller Hilfe und haben keine Scheu, mit dem Arbeitgeber zu kommunizieren. Gleichzeitig können leitende Angestellte aktiv auf Mitarbeiter zugehen, die sich in letzter Zeit stark verändert haben oder denen es offensichtlich nicht gut geht. Das Gespräch sollte dabei nie anklagend verlaufen, sondern ein Angebot zur Unterstützung sein. 

Ein weiterer wichtiger Aspekt sind Programme zur Wiedereingliederung. Da gerade psychische Erkrankungen lange Fehlzeiten bedeuten können, ist es wichtig, dass Unternehmen darauf vorbereitet sind, Betroffene langsam wieder in den Betrieb einzuführen.

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