Psychotherapie und Dolmetscher für psychisch kranke Flüchtlinge

BÄK und BPtK legen Konzept für Modellprojekt vor

(BPtK)

Bundesärztekammer (BÄK) und Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) fordern eine bessere psychotherapeutische und psychiatrische Versorgung von psychisch kranken Flüchtlingen. Ob ein Flüchtling eine Psychotherapie benötigt, muss von unabhängigen und qualifizierten Gutachtern geprüft werden. Bisher fällen solche Entscheidungen viel zu häufig Sachbearbeiter in den Sozialbehörden oder fachfremde Gutachter. Falls eine Psychotherapie indiziert ist, muss außerdem der Einsatz von Dolmetschern finanziert werden.

BÄK und BPtK schlagen deshalb gemeinsam ein Modellprojekt für die psychotherapeutische Versorgung von Flüchtlingen vor, das aus Bundesmitteln finanziert werden soll. Beide Kammern greifen damit auch eine Forderung der Integrations- und der Gesundheitsministerkonferenz auf, die vorgeschlagen hatten, den Einsatz von Dolmetschern in der psychotherapeutischen Behandlung in einem Modellprojekt zu erproben. Eine solche Finanzierung von Dolmetschern ist in der Asylrechtsreform, die gestern vom Deutschen Bundestag verabschiedet wurde, nicht vorgesehen.

Kern des Modellprojekts sind drei aufeinander abgestimmte Module. Das erste Modul sieht den Aufbau eines bundesweiten Dolmetscherpools vor. Dieser könnte von Anbietern geleistet werden, die bereits in der Sprachmittlung tätig sind. Eine Koordinierungsstelle würde die Sprachmittler qualifizieren und zertifizieren, an Ärzte und Psychotherapeuten vermitteln und auch deren Vergütung abwickeln.

Als zweites Modul schlagen BÄK und BPtK in jedem Bundesland eine Koordinierungsstelle für die psychotherapeutische Behandlung von Flüchtlingen vor. Diese soll für die Beantragung, Begutachtung, Genehmigung sowie Vergütung von Psychotherapien bei Flüchtlingen zuständig sein. Die Begutachtung, ob die beantragte Psychotherapie indiziert ist, soll durch einen unabhängigen und qualifizierten Gutachter erfolgen. Die Koordinierungsstelle entscheidet über die Psychotherapie auf Grundlage des Votums des Gutachters. Sie leistet auch die Vergütung der Ärzte und Psychotherapeuten und rechnet die Ausgaben mit der Behörde ab, die gesetzlich die Kosten übernehmen muss.

Ein drittes Modul stellt die erforderliche Qualifizierung der Ärzte und Psychotherapeuten sicher. Ärzte und Psychotherapeuten sollten über spezifische Kompetenzen bei der Versorgung von Flüchtlingen verfügen, zu denen zum Beispiel asylrechtliche Kenntnisse gehören. Solche Kompetenzen sollen durch entsprechende Fortbildungen der Landesärztekammern bzw. Landespsychotherapeutenkammern sichergestellt werden. Zudem sollte es möglich sein, dass sich nicht nur Vertragsärzte und -psychotherapeuten, sondern auch psychotherapeutisch tätige Ärzte und Psychotherapeuten, die in Privatpraxen, Flüchtlingszentren oder universitären Forschungs- und Hochschulambulanzen tätig sind, an dem Modellprojekt beteiligen können.

Hintergrund: Knapp die Hälfte der Flüchtlinge in Deutschland leidet an einer posttraumatischen Belastungsstörung. Psychotherapie ist bei posttraumatischen Belastungsstörungen die Behandlungsmethode der Wahl. Die alleinige Behandlung mit Medikamenten ist nicht ausreichend und medizinisch in der Regel nicht zu verantworten. Kaum ein psychisch kranker Flüchtling erhält bisher jedoch eine psychotherapeutische Behandlung.

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