Yvik Adler, Co-Präsidentin der Föderation Schweizer Psychologinnen und Psychologen (FSP) im Gespräch mit der LPK

(LPK BW)

Im Gespräch mit Kammerpräsident Dr. Dietrich Munz und Referent für psychotherapeutische Versorgung und Öffentlichkeitsarbeit, Dr. Rüdiger Nübling informierte sich Yvik Adler über die Situation der Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten in Deutschland, insbesondere über die Entwicklung vor und seit dem Psychotherapeutengesetz 1999. Hintergrund ihres Besuchs am 14. März in der Stuttgarter Geschäftsstelle war, dass die Schweizer Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten nach wie vor – ähnlich der Situation in Deutschland vor dem Psychotherapeutengesetz – als „technischer Hilfsberuf“ und unter „Kontrolle und Aufsicht“ der Ärzte als delegierte PsychotherapeutInnen arbeiten müssen und dies nun nach langen und schwierigen Verhandlungen mit dem Eidgenössischen Departement des Inneren (EDI) geändert werden soll.

Dr. Munz und Yvik Adler

Die FSP hat, wie Yvik Adler berichtete, derzeit ca. 8000 Mitglieder, davon seien etwa 60% Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten. Die FSP habe jüngst eine umfangreiche Petition zusammen mit einer Resolution „Hürden abbauen“ an das EDI übergeben, in dem eine Neuregelung der Arbeit und Finanzierung ambulanter Psychotherapie gefordert werde. Die Aktion habe landesweite Aufmerksamkeit auf die Situation psychisch kranker Menschen und der Möglichkeit der psychotherapeutischen Behandlung gelenkt, sogar das Schweizer Fernsehen habe mehrfach darüber berichtet. Eine Gesetzesänderung sei schon seit 2013 in Aussicht gestellt worden, nach wie vor hätte sich aber an der Situation nichts geändert. Es gebe auch einigen Widerstand in der Gesundheitspolitik, insbesondere befürchte man eine Mengenausweitung von Psychotherapie. Diskutiert werde bzw. vorgesehen sei als Kompromiss das sogenannte „Anordnungsmodell“, nach dem eine Psychotherapie von einem Arzt/einer Ärztin angeordnet werden müsse. Nach einer solchen Anordnung könne sich eine Patientin bzw. ein Patient direkt an eine anerkannte Psychotherapeutin/Psychotherapeut seiner/ihrer Wahl wenden. Mit diesem Modell würde es erstmals in der Schweiz möglich, dass Eidgenössisch anerkannte Psychotherapeuten selbständig via Grundversicherung abrechnen könnten.

Dr. Munz informierte über das Zustandekommen des Psychotherapeutengesetzes vor 20 Jahren und auch über den aktuellen Stand der Diskussion über die Ausbildungsreform. Ein wichtiger Punkt dabei sei für die psychotherapeutische Versorgung und auch für die Psychotherapeutenschaft gewesen, dass sich durch die Bildung von Psychotherapeutenkammern die zuvor häufig zerstrittene Profession zum einen mehr als davor verständigen und in einer Sprache sprechen musste und zum anderen aber auch v.a. von der Gesundheitspolitik als wesentlicher Ansprechpartner bezüglich psychotherapeutischer Versorgung gesehen wurde. Durch die Psychotherapeutenkammern sei eine Legitimation geschaffen worden, für alle Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten in Sachen Psychotherapie zu sprechen. Außerdem wurde durch die Übertragung der Berufsaufsicht an die Kammern deren Verantwortung für die Regelung von Berufsangelegenheiten (z.B. Berufsordnung, Berufsgerichte etc.) einbezogen. Wie die anderen Heilberufe (Ärzte, Apotheker, Tierärzte) wurden auch die Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten in die Heilberufe-Kammer-Gesetze (HBKG) der jeweiligen Länder integriert, was zur Konsequenz hatte, dass der Berufsstand als „freier Beruf“ seither seine Angelegenheiten auf der Basis dieser Gesetze eigenverantwortlich bestimmen kann und muss. Ein weiterer wesentlicher Punkt sei, wie Dr. Munz ausführte, dass durch die Verkammerung ein Zugang zu allen approbierten Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten bestehe.

Co-Präsidentin Adler nannte diese Entwicklung im Vergleich zur Situation der Schweizer Kolleginnen und Kollegen „beneidenswert“ und verband dies mit dem Wunsch, dass zumindest näherungsweise auch eidgenössische Entwicklungen möglich sein könnten. Es wurde weiterer Austausch zwischen der FSP und der LPK BW vereinbart, gegebenenfalls auch als argumentative Unterstützung für die weitere gesundheitspolitische Diskussion in der Schweiz. Adler bedankte sich sehr herzlich für die Möglichkeit des Austauschs, den Dr. Munz mit dem Hinweis verband, dass dieser gerne jederzeit fortgeführt werden könnte.

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