Landespsychotherapeutentag mit Schwerpunkt Psychotherapie in Institutionen - Aktualisierte Fassung

Thema: Neue Weiterbildung – Bessere Versorgung?! Herausforderungen, Chancen und Perspektiven

(LPK BW)

Der Landespsychotherapeutentag wurde dieses Jahr vom Ausschuss Psychotherapie in Institutionen zum Thema: „Neue Weiterbildung – Bessere Versorgung?! Herausforderungen, Chancen und Perspektiven“ konzipiert und ausgerichtet. Er fand am 1. Juli 2022 im Stuttgarter Hotel Pullmann als Präsenz-Veranstaltung statt und befasste sich schwerpunktmäßig mit den zu erwartenden Auswirkungen der Reform des Psychotherapeutengesetzes auf die vielfältigen Arbeitsfelder in den Kliniken und institutionellen Einrichtungen, in denen Psychotherapeut*innen tätig sind sowie den noch offenen Fragen zur Umsetzung und Finanzierung der neuen Weiterbildung.

Begrüßungsansprache von Sozialminister Manfred Lucha per Video

Die Gesamtmoderation hatte Ullrich Böttinger, Vorsitzender des LPK-Ausschusses Psychotherapie in Institutionen. Zunächst begrüßten Dietrich Munz und Ullrich Böttinger die Teilnehmer und den digital zugeschalteten Minister. Sozialminister Manfred Lucha beglückwünschte in seinem Grußwort die Kammer zur neuen Weiterbildungsordnung in Baden-Württemberg. Er betonte, wie wichtig und wünschenswert der weitere Ausbau psychotherapeutischer Kapazitäten sei. Dies geschehe im Rahmen von Vernetzung und dem Zusammenwirken ambulanter und stationärer Versorgung. Ausführlich ging er auf das kontinuierliche Engagement der Kammer ein und lobte die gute Zusammenarbeit, Kooperation und Abstimmung in den verschiedenen Arbeitsgremien seines Ministeriums, sei es das Gremium zur Versorgung psychisch schwer erkrankter Menschen und die Stärkung der Vernetzung gemeindepsychiatrischer Verbünde oder das zur weitergehenden Vernetzung der kinder- und jugendpsychotherapeutischen Angebote mit benachbarten Hilfen. Auch freue ihn die Berücksichtigung der Versorgung von Patienten im Transitionsalter in der Weiterbildungsordnung.

Ausdrücklich bedankte er sich für die Mitwirkung der Kammer in der AG komplexe Versorgung. Ebenfalls hob er dann die Aktivitäten zu den Frühen Hilfen im Ortenaukreis hervor sowie die Teilnahme an der Task Force einer UAG des Landesarbeitskreises Psychiatrie mit Fokus auf die Situation von Kindern und Jugendlichen in Folge der Corona-Pandemie.

Gesamtmoderation durch Ullrich Böttinger

Nach dem einführenden Vortrag von LPK- und BPtK-Präsident Dr. Dietrich Munz zum aktuellen Stand der MWBO folgte die Podiumsdiskussion, moderiert von Dr. Andrea Benecke, Vizepräsidentin der LPK Rheinland-Pfalz und der BPtK.

Der Fokus war darauf gerichtet, die Herausforderungen, Chancen und Perspektiven der Umsetzung der neuen Musterweiterbildungsordnung (MWBO) aus den verschiedenen Perspektiven der geladenen Expert*innen zu betrachten. Dies mit Blick auf die stationäre Versorgung in Kliniken und auf die Neuetablierung in Arbeitsfeldern der institutionellen Versorgungseinrichtungen wie z. B. der Jugendhilfe.

Hierzu waren folgende Diskutanten, alles ausgewiesene Expert*innen aus klinischen und institutionellen Arbeitsfeldern und Aus- und Weiterbildung für die Podiumsdiskussion eingeladen:

  • Dr. Andrea Benecke, Vizepräsidentin der LPK Rheinland-Pfalz und der BPtK (Moderation)
  • Prof. Dr. Matthias Backenstraß, Institutsleiter KPI, Zentrum für Seelische Gesundheit, Klinikum Stuttgart
  • Anna Stylianopoulou, PiA-Vertreterin, Mitglied der LPK-Vertreterversammlung
  • Dr. med. Dipl.-Psych Dieter Grupp, Geschäftsführer ZfP Südwürttemberg
  • Dr. Esther Stroe-Kunold, Stellv. Leiterin Landesstelle der psychologischen Beratungsstelle der Ev. Landeskirche Baden-Württemberg
  • Günter Ruggaber, Geschäftsführer DGVT-Akademie Tübingen
  • Dr. Dietrich Munz, Präsident LPK Baden-Württemberg und BPtK
Auftaktvortrag Dietrich Munz

Nach der Eingangsfrage an alle: „Wie sehen Sie die Weiterbildung mit Blick aus ihrem Tätigkeitsfeld?“ entwickelte sich ein lebhaft geführter Austausch mit breit gespanntem Bogen. Es wurde befürchtet, dass da ein „Systembruch“, auf die Kliniken zukommen werde, wenn die Finanzierung der Weiterbildungsstellen komme. Dies wurde damit begründet, dass weder die Ärzte noch die anderen Berufsgruppen ihre Weiterbildung finanziert bekämen. Zudem seien die gesetzlichen Änderungen, die hier erforderlich wären, ein dickes Brett, was Jahre beanspruchen werde. Demgegenüber wurde dargelegt, dass Änderungen der Klinikstrukturen weg von den dualen (Pflege, Arzt) hin zu triellen (OA, Pflegeleitung, Ltd PP) Leitungsstrukturen bereits jetzt realisierbar seien. Dies würde neue Möglichkeiten für die Weiterbildung eröffnen, diese finanzierbar zu gestalten. Bereits sei auch eine Bezahlung der PiAs mit TVÖD 13 möglich. Zur Frage, wie in kommunalen und konfessionellen Einrichtungen der institutionellen Versorgung die Finanzierung von Weiterbildungsstellen erreicht werden könne, seien evtl. ganz neue Ideen erforderlich. Bereits jetzt sei Zusammenarbeit mit dem institutionellen Bereich jedoch gut vorstellbar. Für die Aus- und späteren Weiterbildungsinstitute sei klar, dass die Ausbildungsstättenkompetenz überführt werden könne, wobei die derzeitige gesetzliche Finanzierungsgrundlage nicht ausreichen wird, um die zukünftigen Psychotherapeut*innen in Weiterbildung angemessen zu vergüten und gleichzeitig die in der Weiterbildungsordnung geforderten Weiterbildungsleistungen anbieten zu können. Bei den PiAs bestehe die Sorge, dass eine Zwei-Klassengesellschaft zwischen den neuen PiW und den PiA während der Klinikzeit entstehen werde, dies überwiege die Freude darüber, dass ihre „Nachfolger“ es einmal besser haben werden, vor allem damit, in „normalen“ Arbeitsverhältnissen ihre Weiterbildung durchführen zu können. Es dürfe jedoch nicht bis zum Ende der PiA-Zeit 2035 weiter so bleiben, dass die PiAs dann in ihrer „ambulanten Zeit“ ihre ambulanten Fälle oft freiberuflich und ohne Sozialversicherungspflicht mit freiwilliger Krankenversicherung absolvieren müssten. Die Befürchtung sei, dass PiAs für den Rest ihrer Zeit eher outgesourced würden und sich selbst ihre Ausbildungsteile zusammensuchen müssten. Für die Überlappungszeit wären deshalb Nachbesserungen wünschenswert.

Podiumsdiskussion v.l.n.r.: Günter Ruggaber, Dieter Grupp, Anna Stylianopoulou, Andrea Benecke, Matthias Backenstraß, Esther Stroe-Kunold und Dietrich Munz

Einig war sich die Runde darin, dass insgesamt hoher Regelungsbedarf bestehe, der es endlich ermögliche, dass PP den Ärzten gleichberechtigte Leitungsfunktionen einnehmen könnten. Kammerpräsident Dr. Dietrich Munz hob abschließend hervor: „Es muss ein Ende haben, dass PiAs und PP wie ärztliches Hilfspersonal eingesetzt seien ohne Entwicklungsperspektive“. Es sei an der Zeit, dass PP auch die Leitung in Fachkliniken übernehmen könnten. Ärzte hätten das auch im ambulanten Bereich gelernt, dass PP und KJP gleichberechtigt seien. Dies könne auf Klinikebene ebenfalls geregelt werden, wie das einige Beispiele zeigen würden. „Ich erhoffe mir“, so Dr. Munz weiter, „im Kontext des Regelungsbedarfs zur WBO auf Bundes- und Länderebene, dass wir in der stationären Versorgung für Psychotherapeuten eine Anerkennung auch in Form einer den Ärzten vergleichbaren Stellung auch mit Leitungspositionen erreichen, bei der sich alle Beteiligten gegenseitig besser annehmen können“.

Am Nachmittag wurden dann vier Workshops zu verschiedenen Arbeitsfeldern der Psychotherapie in Institutionen angeboten.

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