LPK-Referent für Psychotherapeutische Versorgung und Öffentlichkeitsarbeit, Dr. Rüdiger Nübling, gab bei einer am 28.4.2023 von der Behandlungsinitiative Opferschutz (BIOS) Karlsruhe hybrid durchgeführten Vortragsveranstaltung einen Überblick über die aktuelle psychotherapeutische Versorgung. Vor ca. 75 Zuhörer*innen, die z.T. bundesweit online zugeschaltet waren, wurden auf der Grundlage einer Vielzahl von Studien aktuelle Daten zur psychotherapeutischen Versorgung präsentiert.
Die stationäre und vor allem ambulante psychotherapeutische Versorgung ist ein Grundpfeiler des Gesundheitswesens für die psychische Gesundheit der Bevölkerung. Nach epidemiologischen Schätzungen, so Nübling, seien ca. 10-20% der Bundesbürger in ihrer psychischen Gesundheit beeinträchtigt bzw. behandlungsbedürftig. Die Krisen der vergangenen 2-3 Jahre (Corona, Ukraine/Geflüchtete) hätten diese Situation verschärft, vor allem bei Kindern und Jugendlichen, aber auch bei Erwachsenen sei in mehreren Studien eine Zunahme psychischer Belastungen registriert worden. Nach wie vor und seither noch mehr prägten lange Wartezeiten auf einen Psychotherapieplatz v.a. die ambulante Versorgung. Die Bundespsychotherapeutenkammer fordere deswegen seit Jahren eine Anpassung der Bedarfsplanung für die psychotherapeutischen Kassensitze an den realen Bedarf. Dies werde von den Leistungsträgern im Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) u.a. mit der Begründung der Ausgabensteigerung anhaltend blockiert.
Wie im Vortrag betont wurde, „lohnten“ sich die Ausgaben für Psychotherapie: die Effektivität psychotherapeutischer Interventionen ist vielfach, auch in großen Versorgungsstudien, nachgewiesen und der gesellschaftliche Nutzen ist hoch. Gesundheitsökonomische Modellschätzungen gehen davon aus, dass sich für jeden in Psychotherapie investierten € ein Nutzen von 2,5 bis 4,5 € ergebe. Neben einer meist durch Psychotherapie u.a. verbesserten gesundheitsbezogenen Lebensqualität, eine Verringerung von Depression und/oder Angst spiele hier z.B. auch der längere Verbleib im Erwerbsleben eine wichtige gesamtgesellschaftliche Rolle.
Im Vortrag wurden Probleme der aktuellen psychotherapeutischen Versorgung insbesondere auf der Grundlage von Routinedaten sowie Daten zur Versorgungsforschung diskutiert und einige potentielle Perspektiven für die Psychotherapie selbst wie auch für ihre gesundheitspolitische Stellung skizziert.