BPtK-Präsident Munz erläuterte die unterschiedlichen Formen der Kooperation, insbesondere zwischen Ärzten, Psychologischen Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten. In der ambulanten Versorgung gebe es mit der psychotherapeutischen Sprechstunde ein neues Versorgungsangebot, bei dem Psychotherapeuten die Verantwortung übertragen wurde für die Diagnostik und gegebenenfalls Beratung zur weiteren Behandlung oder Mitbehandlung durch Andere. In der stationären Versorgung gebe es bereits eine intensive interprofessionelle Zusammenarbeit. Versorgung sei dort Teamleistung mit hohem Kooperationsanspruch, der sich allerdings in den Leitungsstrukturen noch sehr unzureichend abbilde. Kooperationsanforderungen seien zudem nicht statisch. Der wissenschaftliche Fortschritt führe bei allen Gesundheitsberufen zu einem differenzierteren und breiteren Kompetenzprofil. Bei den Gesundheitsfachberufen ergebe sich daraus der Anspruch auf eine Akademisierung mit Hochschulausbildung und wissenschaftliche Qualifizierung. Der neue Qualifikations- und Kompetenzmix könne neue Formen der Aufgaben- und Verantwortungsteilung zwischen den Gesundheitsberufen ermöglichen und diese neuen Möglichkeiten müssten zur Verbesserung der Versorgung oder, wenn nötig, zur Sicherstellung der Versorgung genau geprüft werden. Die Reform sei eine Chance, jetzt die gesetzlichen Grundlagen zu schaffen, damit in der reformierten Psychotherapeutenausbildung und anschließenden Weiterbildung entsprechend des medizinisch-wissenschaftlichen Fortschritts Kompetenzen für eine gelingende Kooperation und Verantwortungsübernahme in der interprofessionellen Versorgung entwickelt werden können.
Patienten stehen im Mittelpunkt
In der Diskussion wurde immer wieder gefordert, die Kooperationsanforderungen aus der Perspektive der Patienten zu betrachten. Abgesehen von Webfehlern des Psychotherapeutengesetzes gebe es auch einen Reformbedarf in der Versorgung. Während Kooperation in der stationären Versorgung oft gut gelinge, zum Beispiel in gemeinsamen Behandlungsentscheidungen von Patienten, Ärzten und Psychotherapeuten, sahen viele im ambulanten Bereich noch große Herausforderungen für alle Beteiligten. Oft gehe es allein darum, dass man sich wechselseitig gut informiere. Gefordert wurde, die Grundlage für Kooperationskompetenzen bereits im Studium zu legen, um sie dann in der Weiterbildung in der Versorgungspraxis weiter auszubauen. Dies könne gelingen, wenn es das gemeinsame Anliegen beider Berufsgruppen sei.
Es wurde auch eingebracht, dass die Qualifizierung der Gesundheitsberufe entlang der Versorgungsbedarfe weiterentwickelt werden müsse. Es könne nicht sein, dass die Versorgungsstrukturen an starre Qualifikationsprofile angepasst würden. Aus der Patientenperspektive wurde deshalb auch die Frage nach der Ausweitung von Kompetenzzuschnitten diskutiert. In Beiträgen wurde gefordert, dass man die Tatsache nicht ausblenden könne, dass es in einigen Regionen nicht mehr ausreichend Fachärzte in den Kliniken oder in der ambulanten Versorgung gebe. In der gesundheitspolitischen Debatte sei deshalb bereits die Kompetenzerweiterung für die Pflege, zum Beispiel zur Medikamentenverordnung. Hier müsse überlegt werden, ob mit Entscheidungen bei der Reform der Psychotherapeutenausbildung Entwicklungsperspektiven der Psychotherapeuten grundsätzlich verhindert werden.
Neben langfristigen Entwicklungen dürften aber auch naheliegende Verbesserungen nicht aus dem Blick geraten. So sei es aus Sicht der Patienten schon eine Verbesserung, wenn es bessere Überweisungsmöglichkeiten für Psychotherapeuten gebe, zum Beispiel zum Psychiater. Ein Ärztevertreter wies darauf hin, dass eine bessere Kooperation grundsätzlich auch ohne ärztliche und psychotherapeutische Ausbildungsreformen möglich sei. Er reagierte auf die zunehmenden Aufforderungen zur Teamarbeit auch an die ärztlichen Berufe mit der Befürchtung, dass Ärzte ersetzt werden sollten. Auch die Psychotherapeuten sollten deshalb von der Sorge angetrieben sein, einmal ersetzt zu werden.