Kooperation für eine gute Versorgung

BPtK-Forum zur Reform der Psychotherapeutenausbildung

(BPtK)

Am 22. März 2018 diskutierten Psychotherapeuten und Ärzte in einem Forum der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) in Berlin über die Reform der Psychotherapeutenausbildung. Unter dem Titel "Kooperation für eine gute Versorgung" erörterten rund 80 Teilnehmer, wie sie gemeinsam psychisch kranke Menschen noch besser versorgen können. Der erste Teil der Tagung widmete sich der Darstellung und Diskussion der Eckpunkte einer reformierten Aus- und Weiterbildung der Psychotherapeuten. Im zweiten Teil diskutierten Ärzte und Psychotherapeuten die Kooperationsanforderungen, die die beiden Berufe an sich selbst und den jeweils anderen stellen.

Ausgangspunkt der Debatte am Vormittag war der Arbeitsentwurf des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) aus dem Sommer 2017, nach dem die heutige postgraduale Psychotherapeutenausbildung analog der Struktur der ärztlichen Qualifizierung zu einem Approbationsstudium mit anschließender Weiterbildung weiterentwickelt werden soll. BPtK-Präsident Dr. Dietrich Munz erläuterte, dass die Psychotherapeuten die vom BMG vorgeschlagene Aus- und Weiterbildungsstruktur befürworten. Die BPtK habe in einem eigenen Reformkonzept auch Vorschläge zur Organisation und Finanzierung der Weiterbildung vorgelegt. Ein wesentliches Ziel der Reform sei es, die prekären finanziellen und rechtlichen Bedingungen in den Ausbildungen von Psychologischen Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten zu beenden und das Masterniveau als akademische Qualifikation zu sichern.

Dr. Nikolaus Melcop

Stand der Reform

Dr. Nikolaus Melcop, Vizepräsident der BPtK, gab einen Überblick zum Reformbedarf und den dazu vorgeschlagenen Lösungen. Nach beinahe zehnjähriger Reformdebatte habe der Deutsche Psychotherapeutentag 2014 eine Reform der Psychotherapeutenausbildung gefordert, um die Webfehler im Psychotherapeutengesetz zu beheben. Dazu gehöre, die Qualifikationsstandards für den Berufszugang bundeseinheitlich auf Masterniveau sicherzustellen. Ferner sei die akademische Ausbildung durch eine Weiterbildung in Berufstätigkeit zu ergänzen, die anders als die bisherige in der zweiten Qualifizierungsphase ein geregeltes Einkommen und eine hinreichende soziale und rechtliche Absicherung der Ausbildungsteilnehmer ermögliche. Schließlich sollen die Inhalte der Qualifizierungsphasen aktualisiert und an die Weiterentwicklungen der psychotherapeutischen Versorgung angepasst werden.

Der Arbeitsentwurf des BMG orientiert sich dabei an den Strukturen der ärztlichen Aus- und Weiterbildung. Danach soll die Approbation nach einem Studium mit Masterabschluss und bundeseinheitlichen Staatsprüfungen erteilt werden. Anschließend wird die Fachkunde für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen oder Erwachsenen mit Vertiefung in einem oder mehreren Psychotherapieverfahren in der Weiterbildung erworben. Gleichzeitig sollen die heutigen Berufe der Psychologischen Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten zu einem einzigen Beruf zusammengeführt werden. Der Entwurf des BMG greife wesentliche Aspekte des Reformkonzepts der BPtK auf, so Melcop, insbesondere die Forderung, die ganze Breite des heutigen Tätigkeitsspektrums in der ambulanten, stationären und institutionellen Versorgung in einer Ausbildungsreform zu berücksichtigen.

Dr. Andrea Benecke

Dr. Andrea Benecke, Mitglied im BPtK Vorstand, und Peter Lehndorfer, BPtK-Vizepräsident, erläuterten die Kompetenzprofile, die Psychotherapeuten künftig im Studium und anschließend in der Weiterbildung ausbilden sollen. Während der Arbeitsentwurf des BMG sich auf Vorschläge für das Studium beschränke, habe die BPtK bereits ein kompetenzbasiertes Weiterbildungskonzept entwickelt. Man sehe sich hier in der Pflicht, weil die Weiterbildung in die Hoheit der Länder und der Kammern falle.

Meilensteine der gestuften Qualifizierung seien Handlungskompetenzen in der Diagnostik und grundlegende psychotherapeutische Interventionen am Ende des Studiums. Spezialisierte Kompetenzen für Altersgebiete und Psychotherapieverfahren würden nach den Vorschlägen, für die der 30. Deutsche Psychotherapeutentag im Mai 2017 ohne Gegenstimme votiert habe, in der Gebietsweiterbildung in der ambulanten, stationären und institutionellen Versorgung erworben. Daneben solle es weiter die Spezialisierungsoption in Zusatzweiterbildungen geben, wie heute bereits die Bereiche Klinische Neuropsychologie und spezielle Psychotherapie bei Diabetes in der Musterweiterbildungsordnung für Psychologische Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten. Bedeutendes Ausbildungsziel sei die interprofessionelle Kooperationsfähigkeit, die nicht nur über Wissensvermittlung erworben werde, sondern vor allem über Kooperationserfahrungen in der Versorgung. Es sollte aber auch möglich sein, bereits im Studium beim gemeinsamen Lernen Kooperationserfahrungen zu sammeln.

Peter Lehndorfer

Austausch zum Arbeitsentwurf des BMG

In einer offenen Diskussion wurden Einschätzungen zu zentralen Aspekten des BMG-Arbeitsentwurfes ausgetauscht. Aus Sicht der Bundesärztekammer ist es grundsätzlich sinnvoll, die für die künftige Approbation notwendigen Kompetenzen in einem Studium zu vermitteln und damit durch den Bundesgesetzgeber zu regeln. Anschließend sei es richtig, für die Qualifizierung in Berufstätigkeit den Gestaltungsanspruch der Kammern für die Weiterbildung zu nutzen und die Aufsicht der Kammern über ihre Umsetzung. Dabei sollten Fehler aus der Ärzteausbildung nicht wiederholt werden. Praxisphasen vor der Approbation müssten Teil des Studiums sein. Der "Arzt im Praktikum" zwischen Studienabschluss und Approbation sei zu Recht wieder abgeschafft worden.

Einige Diskussionsbeiträge wiesen darauf hin, dass die Angleichung der reformierten Ausbildung an die Struktur der ärztlichen Qualifizierung nicht abschließend bewertet werden könne, solange noch keine Approbationsordnung vorliege. Erst anhand einer Approbationsordnung könne abgeschätzt werden, ob im Studium genügend Praxiserfahrungen für eine Approbation gesammelt werden können. Dies bezog sich auch auf den Einbezug der Breite der Psychotherapieverfahren in die heutige Versorgung in das Studium. Daneben wurde auch das Fehlen einer Finanzierungsgrundlage für die Weiterbildung im Arbeitsentwurf kritisiert. Darüber hinaus war klar, dass nach der Reform mit der Ausarbeitung eines Lernzielkataloges noch viel Arbeit zu erledigen sei.

Eine kontroverse Debatte entwickelte sich zu der Frage, wie der gemeinsame Beruf heißen soll, zu dem die Berufe Psychologische Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten in der Reform weiterentwickelt werden sollen. Während der Arbeitsentwurf des BMG diese Frage noch offenlässt, fordert der Deutsche Psychotherapeutentag die Berufsbezeichnung "Psychotherapeut" und "Fachpsychotherapeut für Kinder und Jugendliche" oder "Fachpsychotherapeut für Erwachsene" am Ende der Weiterbildung, auch um den Patienten eine klare Abgrenzung zu den Facharztbezeichnungen zu ermöglichen. Vertreter der Ärzteschaft lehnten diese Bezeichnung ab, weil sie sich um die Sichtbarkeit der ärztlichen Psychotherapie sorgten. Sie befürchteten, dass die Patienten sich künftig vor allem an der Berufsbezeichnung "Psychotherapeut" orientieren. Sie schlugen vor, dass der künftig nach dem Psychotherapeutengesetz ausgebildete Beruf "approbierter klinischer Psychologe" heißen soll. Gegen diesen Vorschlag wurde jedoch eingewandt, dass es die Bezeichnung Klinischer Psychologe bereits gibt und sie für andere Tätigkeiten verwendet wird. Kritisiert wurde an dem ärztlichen Vorschlag auch, dass die Bezeichnung andere Herkunftsdisziplinen der Psychotherapie als die Psychologie ausgrenze. Die Bezeichnung eines Heilberufs, die sich mit anderen Tätigkeiten verwechseln lasse, sei aus Gründen des Patientenschutzes nicht geeignet und falle hinter die in Sozialrecht etablierte Nomenklatur zurück.

Ein weiterer Diskussionspunkt war die im Arbeitsentwurf vorgeschlagene offene Legaldefinition. Die Heilkundeerlaubnis des reformierten Heilberufes soll nicht mehr auf wissenschaftlich anerkannte Verfahren beschränkt sein. Die BPtK und Vertreter anderer psychotherapeutischer Organisationen betonten, dass künftig Therapiefreiheit in der psychotherapeutischen Versorgung und Forschung für den akademischen Heilberuf auf Masterniveau und mit Approbation die einzig angemessene gesetzliche Regelung sei. Das entspreche auch dem Selbstverständnis der Psychotherapeuten als Angehörige eines freien Berufes. Es stelle unter anderem eine wichtige Voraussetzung dafür dar, dass die Profession die Psychotherapie wissenschaftlich weiterentwickeln könne, ohne dass die approbierten Wissenschaftler zusätzlich eine Heilpraktikererlaubnis benötigen. Die Heilkunde auf wissenschaftlich anerkannte Verfahren einzuschränken, sei zudem heute nicht mehr notwendig, da dies zwischenzeitlich mit den Berufsordnungen der Psychotherapeutenkammern und dem Sozial- und Haftungsrecht gewährleistet sei. Auch die Qualität der ärztlichen Tätigkeit würde auf diese Weise gesichert. Einigkeit bestand darin, dass die Diagnostik in der Legaldefinition auf psychische Erkrankungen eingeschränkt bleiben müsse. Dies fordert die BPtK in ihrer Stellungnahme zum Arbeitsentwurf.

Im Zusammenhang mit der Legaldefinition wurde auch der Bedarf für einen Wissenschaftlichen Beirat Psychotherapie diskutiert. Psychotherapeuten und Ärzte plädierten dafür, auch weiterhin einen gemeinsamen Beirat zu haben, der die Einheit der Psychotherapie sicherstellt. Dabei erläuterte die BPtK ergänzend, dass Bundesärztekammern und BPtK nach einer Reform gleichberechtigte Träger sein könnten, zum Beispiel wenn sich die Empfehlungen des Beirates künftig auf die Ausbildungen beider Berufe beziehen oder die gleichen Auswirkungen auf deren Weiterbildungen haben.

Ein weiteres zentrales Diskussionsthema war der Vorschlag im Arbeitsentwurf des BMG Modellstudiengänge zuzulassen, in denen Psychotherapeuten die Kompetenzen zur Verschreibung von Psychopharmaka vermittelt werden. Dr. Melcop hatte eingangs darauf hingewiesen, dass sich die BPtK zum Ziel gesetzt habe, sich mit diesem Vorschlag fachlich intensiv auseinanderzusetzen und ihn anhand der Kriterien Notwendigkeit, Machbarkeit und Wünschbarkeit zu prüfen. Dafür sei ein offener interprofessioneller Austausch wichtig. Einigkeit bestand darin, dass alle Psychotherapeuten bereits im Studium ausreichende Kenntnisse über die Wirkungen von Psychopharmaka und ihre Wechselwirkungen mit Psychotherapie erwerben müssen, um Patienten gemeinsam mit Ärzten behandeln zu können. Einige Teilnehmer sprachen sich dafür aus, dass Psychotherapeuten, insbesondere in der stationären Versorgung, auch die Verantwortung für die Psychopharmakotherapie tragen können sollten, wenn es eine enge Absprache mit den ärztlichen Kollegen gibt. Andere sahen dagegen in der Indikationsstellung für ein bestimmtes Medikament und seine Dosierung ausschließlich eine ärztliche Aufgabe, da nur Mediziner in Aus- und Weiterbildung die notwendige Kompetenz, insbesondere zur Beurteilung von Kontraindikationen, erwerben. Dafür in der Ausbildung zu qualifizieren, erfordere mindestens ein Medizinstudium "light". Für einige Psychotherapeuten stünde eine solche Kompetenz auch dem eigenen beruflichen Selbstverständnis entgegen, Menschen ohne körperlichen Eingriff zu behandeln.

Kooperationsanforderungen in der Versorgung

Der zweite Teil des BPtK-Forums rückte die Kooperationsanforderungen an die beiden Berufsgruppen in der Versorgung und mögliche Implikationen für die Reform der Psychotherapeutenausbildung in den Mittelpunkt. Drei Impulsvorträge warfen dazu aus unterschiedlichen Perspektiven ein Blitzlicht auf die Kooperationsanforderungen.

Dr. Christian Kieser

Für Dr. Christian Kieser, der für die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde sprach, sind Kooperation und Verantwortung ein zentrales Thema der regionalen Pflichtversorger. Die Versorgung, insbesondere von Menschen mit schweren und komplexen Erkrankungen, erfordere komplexe Hilfen, die nicht einer allein leisten und verantworten könne. Am Beispiel seiner Klinik in Potsdam erläuterte er die Kooperation zwischen Psychologischen Psychotherapeuten und Ärzten. Unter Leitung des Oberarztes würden Ärzte oder Psychologische Psychotherapeuten jeweils im Tandem Patienten fallführend behandeln von der Anamnese bis zur Entlassung und Nachsorge. Kooperation mit Ärzten sei insbesondere erforderlich für die somatische Diagnostik. Herausforderungen sah er für die Koordination im ambulanten Bereich. Hier sieht er noch zu wenig Informationsaustausch zwischen den Berufen und teilweise auch ablehnende Haltungen von Psychotherapeuten gegenüber der Pharmakotherapie. Sein Ziel für die Zukunft seien Netzwerkkonferenzen.

Prof. Dr. Hans-Henning Flechtner

Prof. Dr. Hans-Henning Flechtner, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie, sah große Kooperationspotenziale beider Professionen und verwies auf positive eigene Erfahrungen in der Onkologie. Dort gebe es mit der Psychoonkologie sehr positive Kooperationen von Ärzten und Psychotherapeuten. Beide bewegten sich mit ihren Kompetenzprofilen aufeinander zu, ohne dass die Kernkompetenz des jeweils anderen infrage gestellt werde. Vor diesem Hintergrund war er optimistisch, dass auch in Bezug auf die psychotherapeutische und pharmakotherapeutische Versorgung eine gute Kooperation möglich sei. Dafür müsste die Reform allerdings die Weichen richtig stellen, mit einem eigenständigen Berufsprofil zwischen Theorie- und Praxiswissenschaften, ausreichenden Praxisanteilen im Studium und ausreichenden Aus- und Weiterbildungskapazitäten vor allem in der Versorgung von Kindern und Jugendlichen. Hier sah er noch Fragen unbeantwortet, wie am Ende des Qualifizierungsweges eine facharztäquivalente Qualität erreicht werden könne. Für die Beantwortung müsse der professionsübergreifende Dialog weiter fortgeführt werden.

Dr. Dietrich Munz

BPtK-Präsident Munz erläuterte die unterschiedlichen Formen der Kooperation, insbesondere zwischen Ärzten, Psychologischen Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten. In der ambulanten Versorgung gebe es mit der psychotherapeutischen Sprechstunde ein neues Versorgungsangebot, bei dem Psychotherapeuten die Verantwortung übertragen wurde für die Diagnostik und gegebenenfalls Beratung zur weiteren Behandlung oder Mitbehandlung durch Andere. In der stationären Versorgung gebe es bereits eine intensive interprofessionelle Zusammenarbeit. Versorgung sei dort Teamleistung mit hohem Kooperationsanspruch, der sich allerdings in den Leitungsstrukturen noch sehr unzureichend abbilde. Kooperationsanforderungen seien zudem nicht statisch. Der wissenschaftliche Fortschritt führe bei allen Gesundheitsberufen zu einem differenzierteren und breiteren Kompetenzprofil. Bei den Gesundheitsfachberufen ergebe sich daraus der Anspruch auf eine Akademisierung mit Hochschulausbildung und wissenschaftliche Qualifizierung. Der neue Qualifikations- und Kompetenzmix könne neue Formen der Aufgaben- und Verantwortungsteilung zwischen den Gesundheitsberufen ermöglichen und diese neuen Möglichkeiten müssten zur Verbesserung der Versorgung oder, wenn nötig, zur Sicherstellung der Versorgung genau geprüft werden. Die Reform sei eine Chance, jetzt die gesetzlichen Grundlagen zu schaffen, damit in der reformierten Psychotherapeutenausbildung und anschließenden Weiterbildung entsprechend des medizinisch-wissenschaftlichen Fortschritts Kompetenzen für eine gelingende Kooperation und Verantwortungsübernahme in der interprofessionellen Versorgung entwickelt werden können.

Patienten stehen im Mittelpunkt

In der Diskussion wurde immer wieder gefordert, die Kooperationsanforderungen aus der Perspektive der Patienten zu betrachten. Abgesehen von Webfehlern des Psychotherapeutengesetzes gebe es auch einen Reformbedarf in der Versorgung. Während Kooperation in der stationären Versorgung oft gut gelinge, zum Beispiel in gemeinsamen Behandlungsentscheidungen von Patienten, Ärzten und Psychotherapeuten, sahen viele im ambulanten Bereich noch große Herausforderungen für alle Beteiligten. Oft gehe es allein darum, dass man sich wechselseitig gut informiere. Gefordert wurde, die Grundlage für Kooperationskompetenzen bereits im Studium zu legen, um sie dann in der Weiterbildung in der Versorgungspraxis weiter auszubauen. Dies könne gelingen, wenn es das gemeinsame Anliegen beider Berufsgruppen sei.

Es wurde auch eingebracht, dass die Qualifizierung der Gesundheitsberufe entlang der Versorgungsbedarfe weiterentwickelt werden müsse. Es könne nicht sein, dass die Versorgungsstrukturen an starre Qualifikationsprofile angepasst würden. Aus der Patientenperspektive wurde deshalb auch die Frage nach der Ausweitung von Kompetenzzuschnitten diskutiert. In Beiträgen wurde gefordert, dass man die Tatsache nicht ausblenden könne, dass es in einigen Regionen nicht mehr ausreichend Fachärzte in den Kliniken oder in der ambulanten Versorgung gebe. In der gesundheitspolitischen Debatte sei deshalb bereits die Kompetenzerweiterung für die Pflege, zum Beispiel zur Medikamentenverordnung. Hier müsse überlegt werden, ob mit Entscheidungen bei der Reform der Psychotherapeutenausbildung Entwicklungsperspektiven der Psychotherapeuten grundsätzlich verhindert werden.

Neben langfristigen Entwicklungen dürften aber auch naheliegende Verbesserungen nicht aus dem Blick geraten. So sei es aus Sicht der Patienten schon eine Verbesserung, wenn es bessere Überweisungsmöglichkeiten für Psychotherapeuten gebe, zum Beispiel zum Psychiater. Ein Ärztevertreter wies darauf hin, dass eine bessere Kooperation grundsätzlich auch ohne ärztliche und psychotherapeutische Ausbildungsreformen möglich sei. Er reagierte auf die zunehmenden Aufforderungen zur Teamarbeit auch an die ärztlichen Berufe mit der Befürchtung, dass Ärzte ersetzt werden sollten. Auch die Psychotherapeuten sollten deshalb von der Sorge angetrieben sein, einmal ersetzt zu werden.

v. l. n. r.: Dr. Munz, Prof. Flechtner, Dr. Kieser

In Bezug auf einen offenen Austausch zu Kooperation und Verantwortung wurden auch mögliche Auswirkungen der Reform auf die ärztliche Qualifizierung angesprochen. Dazu wurde angeregt, die Debatte nicht auf die fehlenden Kompetenzen der Psychotherapeuten bei Psychopharmaka zu beschränken, sondern umgekehrt auch auf die Entwicklungspotenziale bei der psychotherapeutischen Qualifizierung von Ärzten einzugehen. Hier seien die Anforderungen in Weiterbildungen der relevanten Facharztgebiete sehr unterschiedlich.

Konkrete Vorschläge für eine gemeinsame Qualifizierung von Ärzten und Psychotherapeuten gab es für die ambulante Weiterbildung für Leistungen nach der Psychotherapie-Richtlinie. Hier wäre auch ein gemeinsames Vorgehen denkbar, um Weiterbildungsstätten in der ambulanten Versorgung zu realisieren, mit denen das Qualitätsniveau der heutigen Ausbildungsinstitute fortgeschrieben werden kann.

Insgesamt bot das BPtK-Forum Ärzten und Psychotherapeuten die Gelegenheit, die Perspektive der anderen in ihrer Breite kennenzulernen und über die Argumente der anderen offen zu diskutieren. Diese Möglichkeit wurde mehrfach positiv hervorgehoben und es wurde der Wunsch geäußert, den interprofessionellen Diskurs auf diesem hohen und sachlichen Niveau weiterzuführen.

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