Kürzere Wartezeiten beim Psychotherapeuten

BPtK zum GKV-Versorgungsstärkungsgesetz

(BPtK)

Termine beim Psychotherapeuten könnten viel schneller möglich sein. Dafür ist eine psychotherapeutische Sprechstunde notwendig, durch die ein Ratsuchender mit psychischen Beschwerden, kurzfristig einen Termin erhält. Bisher wartet ein psychisch kranker Mensch durchschnittlich mehr als drei Monate auf einen ersten Termin beim niedergelassenen Psychotherapeuten.

„Der Gesetzgeber muss im GKV-Versorgungsstärkungsgesetz sicherstellen, dass jemand, der aufgrund psychischer Beschwerden Beratung oder Hilfe benötigt, schnell eine qualifizierte Auskunft erhält“, fordert Prof. Dr. Rainer Richter, Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK). „Einem Ratsuchenden kann aber nur weitergeholfen werden, wenn überhaupt klar ist, ob und woran er leidet. Eine psychotherapeutische Sprechstunde ohne fachgerechte Diagnostik gefährdet den Patienten. Beratung setzt Diagnostik voraus, ansonsten müssten Psychotherapeuten ihre Sorgfaltspflichten verletzen. Der Gemeinsame Bundesausschuss braucht deshalb durch das GKV-Versorgungsstärkungsgesetz einen klareren Auftrag als derzeit im Gesetzentwurf vorgesehen.“

In der Warteschlange beim Psychotherapeuten befinden sich Ratsuchende mit sehr unterschiedlichen Fragen, Beschwerden oder Erkrankungen. Manchen wäre schon mit wenigen Gesprächen geholfen. Dies zeigt sich auch an der Anzahl derjenigen, die nach den ersten Gesprächen keine psychotherapeutische Behandlung beginnen. Fast 40 Prozent nutzen nicht mehr als die probatorischen Sitzungen (siehe Grafik 1). Andere brauchen schnellstmöglich einen Therapieplatz oder eine Einweisung ins Krankenhaus. Alle Anfrager warten jedoch die gleiche Zeit auf einen ersten Termin. Alle könnten schneller wissen, was ihnen fehlt und wie ihnen geholfen werden kann, wenn Psychotherapeuten eine Sprechstunde anbieten könnten.

Durch eine psychotherapeutische Sprechstunde sollten Menschen mit psychischen Beschwerden innerhalb einer Woche einen ersten Termin erhalten. Patienten mit leichten Beschwerden könnten z. B. auf wirksame therapeutengestützte Selbsthilfeangebote oder Angebote von Beratungsstellen verwiesen werden. Schwer psychisch kranken Menschen könnte gezielter ein komplexes ambulantes und, wenn notwendig, auch stationäres Behandlungs- oder Rehabilitationsangebote gemacht werden.

Psychotherapeuten müssen dafür durch weitere Anpassungen im SGB V in die Lage versetzt werden, ihren Patienten ein breiteres Spektrum an Hilfen anzubieten bzw. auf solche Angebote verweisen zu können, einschließlich:

  • präventiver Beratung,
  • regelmäßigem Monitoring bei psychotherapeutisch begleiteter Selbsthilfe,
  • mediengestützter Interventionen,
  • psychoedukativer (Gruppen-)Angebote,
  • Akutversorgung und Kriseninterventionen,
  • komplexer ambulanter Behandlungsangebote, die auch längere Behandlungen bei einer Kombination von Einzel- und Gruppenpsychotherapie umfassen,
  • aufsuchender Behandlung, z. B. in der Wohnung des Patienten,
  • der Möglichkeit, in dringenden Notlagen ins Krankenhaus einzuweisen,
  • der Verordnung von Rehabilitation,
  • der Verordnung von Heilmitteln für Kinder und Jugendliche, Ergotherapie in der neuropsychologischen Therapie sowie Soziotherapie.

Das Kapazitätsproblem in der Psychotherapie wird sich nicht durch eine weitere Ausweitung der Kurzzeittherapie lösen lassen, wie der aktuelle Entwurf des GKV-Versorgungsstärkungsgesetzes noch suggeriert. Psychotherapeuten behandeln ihre Patienten schon heute nur so lange und so intensiv, wie es für eine erfolgreiche Therapie erforderlich ist. Der Anteil der Kurzzeittherapie liegt bei rund 70 Prozent, etwa ein Viertel der Behandlungen dauert sogar nur bis zu zehn Stunden (siehe Grafik 2). Das Ausmaß an Kurzzeittherapie stößt damit bereits an fachliche Grenzen, die nicht mehr zu unterschreiten sind. Die aktuellen Daten zu den Therapiedauern unterstreichen zudem, dass die bewilligten Behandlungskontingente von Patienten und Psychotherapeuten nicht ausgeschöpft werden.

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