Berufsrecht in der KJP - Therapieaufklärung, Dokumentation, Suizidalität

Erfolgreicher Online-Fachtag der LPK BW für besondere KJP-Rechtsfragen

(LPK BW)

Nach dem großen Erfolg der ersten beiden Online-Fachtage zu berufsrechtlichen Fragen in der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie ging die beliebte Fortbildungsveranstaltung der LPK Baden-Württemberg mit  240 Teilnehmer*innen in die dritte Runde. Psychotherapie von Kindern und Jugendlichen steht in einem besonderen rechtlichen Spannungsfeld zwischen der Beziehung von Therapeut*in und Kind/Jugendlichem und der Beziehung von Therapeut*in und Eltern. Daraus können Konflikte im Arbeitsbündnis mit vielfältigen Fragestellungen entstehen. Der Fachtag Berufsrecht in der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie fokussierte dieses mal die drei wichtigen Themenfelder Therapieaufklärung, Dokumentation und Suizidalität. Inhaltlich konzipiert und gestaltet wurde der Fachtag vom LPK-Ausschuss „Psychotherapeutische Versorgung Kinder und Jugendlicher“.

Nach der Begrüßung durch Kammerpräsident Dr. Dietrich Munz wurden jeweils Impulsvorträge und dazu passende Fallvignetten zu den genannten Themenfeldern vorgestellt. Brigitte Thüringer-Dülsen, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin (KJP) mit Praxis in Bietigheim-Bissingen, eröffnete die Vortragsrunde mit dem Thema „Wie kläre ich rechtssicher über die Therapie auf?“, was Dorothea Groschwitz, LPK-Vorstandmitglied und ebenfalls KJP in Stuttgart, mit einem konkreten Fall ergänzte. Brigitte Thüringer-Dülsen wies eingangs darauf hin, dass das Selbstbestimmungsrecht des Patienten rechtlich geschützt sei, sodass jede (psychotherapeutische) Behandlung dessen Einwilligung benötige. Nur durch eine angemessene Aufklärung könne der/die Patient*in selbstbestimmt eine informierte Zustimmung (informed consent) geben. Die rechtlichen Grundlagen seien im Patientenrechtegesetz sowie in der Berufsordnung der LPK BW geregelt. Grundsätzlich gelte: Keine Behandlung ohne Einwilligung, keine Einwilligung ohne Aufklärung.

Einblick in den Online-Fachtag

Im weiteren Verlauf referierte LPK-Justiziarin Stephanie Tessmer-Petzendorfer zusammen mit Dr. Hendrik Büch, KJP am Uniklinikum Freiburg, zur „Dokumentation psychotherapeutischer Leistungen in der Kinder- und Jugendpsychotherapie“. Die Zwecke der Dokumentation lägen, wie die Kammer-Justiziarin ausführte, in der Therapiesicherung (Gewährleistung einer fachgerechten Behandlung und Weiterbehandlung der Patient*innen), der Rechenschaftslegung (Begründung der Abrechnung von Leistungen, Nachprüfbarkeit des Behandlungsverlaufs) sowie in der Beweissicherung (Nachweis der ordnungsgemäßen Behandlung und Abrechnung in einem Gerichtsverfahren). Fokussiert wurden die Regelung der Dokumentationspflicht, die Rechtliche Mindestanforderungen an die Dokumentation sowie das Akteneinsichtsrecht, was jeweils mit Fallbeispielen illustriert wurde.

Im dritten Teil des Fachtags ging es um den „Umgang mit Suizidalität zwischen Schweigepflicht und unterlassener Hilfeleistung“, wozu Dr. Judith Arnscheid (PP/KJP und Geschäftsführerin der Gutachtenstelle Stuttgart) zusammen mit Christine Breit (KPJ in eigener Praxis in Neuhausen auf den Fildern) referierte. Sie gingen u.a. der Frage nach, welche rechtlichen Konsequenzen es für die Therapeut*in hat, wenn ein/e Patient*in einen Suizidversuch begeht, und der/die Therapeut*in die akute Suizidalität nicht erkannt, nicht ausreichend abgeklärt oder nicht gehandelt hat. Grundsätzlich bestehe bei suizidalen Patient*innen eine erhöhte Sorgfaltspflicht, d.h. auch sich nicht nur auf freiwillige Informationen der Patient*in zu verlassen, bei Verdachtsmomenten bestehe die Pflicht, diesen durch gezielte diagnostische Fragen nachzugehen, so Dr. Arnscheid. Aber eine sichere Prognose einer suizidalen Handlung oder deren Ausschluss sei kaum möglich, daher komme eine Haftung regelmäßig nur bei groben Fehlern in Betracht.

Die rechtlichen und psychotherapeutischen Aspekte wurden in Podiumsgesprächen zwischen Referentin, Kammerjuristin und Ausschussmitglied vertieft. Für die rege Diskussion bzw. Rückfragen stand der moderierte Chat zur Verfügung. Moderiert wurde der Fachtag von Michaela Willhauck-Fojkar, Ausschussvorsitzende und niedergelassene KJP in Mannheim.

Der Ausschuss für die psychotherapeutische Versorgung von Kindern und Jugendlichen wird die Fragen aus dem Chat sichten und neue Fragestellungen in die Broschüre „Rechtsfragen in der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie“ einarbeiten.

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