Online-Fortbildung mit dem WEISSEN RING „Wo Betroffene von Straftaten Hilfe finden"

Informationen für Psychotherapeut*innen zum Opferentschädigungsgesetz und den Hilfsangeboten des WEISSEN RINGS

(LPK BW)

Die gemeinsame Weiterbildung des WEISSEN RINGS in Kooperation mit der LPK Baden-Württemberg zum Thema „Wo Betroffene von Straftaten Hilfe finden – Informationen für Psychotherapeut*innen zum Opferentschädigungsgesetz und den Hilfsangeboten des WEISSEN RINGS " fand am 19.06.2023 online statt. Bianca Biwer, Bundesgeschäftsführerin des WEISSEN RING e.V. und Kammerpräsident Dr. Dietrich Munz begrüßten die ca. 150 Teilnehmer.

Dr. Dietrich Munz (LPK BW)

Dietrich Munz betonte, dass mit dem SGB XIV und dessen Umsetzung ein wichtiger Schritt getan sei, da in Baden-Württemberg, auch auf Initiative der LPK versucht werde, eine flächendeckende Einrichtung von Traumaambulanzen einzurichten, auch in niedergelassenen Praxen. Wichtig sei dabei, dass sich Kolleg*innen hinsichtlich Versorgung von Menschen nach akuter Traumatisierung fortbilden, aber auch über die Möglichkeiten der Opferhilfe, beispielsweise bei längerem Behandlungsbedarf. Wichtig sei u.a. auch, dass bei Traumen nach einer Straftat psychologische und psychotherapeutische Hilfen für die Betroffenen vorhanden seien, aber nicht alle Traumata zu einer behandlungsbedürftigen Symptomatik/Erkrankung führten. Dies sei bei der Abgrenzung zwischen Beratung und Psychotherapie bzw. bei einer Indikationsstellung immer mitzubedenken.

Bianca Biwer (WEISSER RING)

Bianca Biwer verwies auf das Gesetzgebungsverfahren und den riesigen Bedarf für Menschen, die traumatisierende Gewalt erfahren haben. Wichtig sei es für die Betroffenen, schnelle Hilfen zu erhalten. Für die Gerichtsprozesse stehe darüber hinaus v.a. auch die Aussagefähigkeit der Betroffenen im Fokus, weshalb die Referate hier besonders drauf eingehen würden. Sowohl Biwer als auch Dr. Munz hoben die gemeinsame Veranstaltung als einen wichtigen Beitrag zur besseren Versorgung der durch Gewalt traumatisierten Betroffenen hervor.

In einem ersten Referat gab Eike Eberle, Jurist und Leiter des Referats Opferschutz / Recht / Ehrenamt sowie Justiziar beim WEISSEN RING, einen Überblick zu Opferentschädigungsgesetz (OEG), sonstigen Fonds, Unfallkasse und Überbrückungsleistungen. Er hob hervor, dass Betroffene von Gewaltstraftaten nach dem OEG Rechtsansprüche auf kurzfristige psychotherapeutische Behandlung in OEG-Traumaambulanzen haben. Ab dem 01.01.2021 seien dazu weitreichende Änderungen hinsichtlich des Leistungsumfangs sowie des Kreises der Anspruchsberechtigten in Kraft getreten. 2024 werden, so Eberle, weitere Änderungen rechtsverbindlich werden. Eike Eberle stellte in seinem Vortrag die wichtigsten Änderungen des Opferentschädigungsgesetzes vor und ging auf weitere Leistungsträger für Betroffene von Straftaten (z.B. Fonds Sexueller Missbrauch beim Ergänzenden Hilfesystem (EHS)) ein.

Stephanie Tessmer-Petzendörfer (LKP BW)

In einem zweiten Block berichteten Dr. Judith Arnscheid, Psychologische Psychotherapeutin und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin in Stuttgart sowie Geschäftsführerin der Gutachtenstelle Stuttgart GmbH zusammen mit LPK-Justiziarin Stephanie Tessmer-Petzendorfer über „Psychotherapie und Zeugenaussagen während eines Strafverfahrens“. Wie die Kammer-Justiziarin ausführte, stellten sich Psychotherapeut*innen im Rahmen einer Psychotherapie geschädigter Patient*innen oft die Frage, ob sich die Psychotherapie auf das Aussageverhalten der Opfer im Strafverfahren nachteilig auswirken kann und die Psychotherapie bis zum Ende des Strafverfahrens ausgesetzt werden muss. Sie führte aus, wie Psychotherapeut*innen zu Zeugen werden können und welche Rechte und Pflichten in diesem Zusammenhang bestehen. Weitere Fragen wurden in diesem Kontext diskutiert, z.B. „Müssen Psychotherapeut*innen auf eine polizeiliche Vorladung reagieren?“ oder „Dürfen Psychotherapeut*innen die Aussage als Zeugen vor Gericht verweigern, wenn sie therapeutische Bedenken haben?“.

Dr. Judith Arnscheid (LPR BW, Gutachtenstelle Stuttgart)

Dr. Judith Arnscheid informierte ausführlich darüber, welche therapeutischen Möglichkeiten bestehen, während eines laufenden Strafverfahrens eine Psychotherapie durchzuführen, ohne dass das Aussageverhalten der Opfer beeinflusst wird. Sie fokussierte u.a. die unterschiedlichen Rollen von Psychotherapeut*innen als Behandler*innen geschädigter Patient*innen und als Zeug*innen im Strafverfahren und die Pflichten von Psychotherapeut*innen in jeweils diesen Rollen. Die Implikationen für die Praxis der Psychotherapie in diesen unterschiedlichen Rollen wurde vertiefend thematisiert und konkrete Handlungsempfehlungen an die Teilnehmer*innen weitergegeben.

Im dritten Vortragsteil ging Karl-Heinz Langner, stellv. Landesvorsitzender des WEISSEN RING Niedersachsen auf die Rolle und Angebote des WEISSEN RINGs, Unterstützungsangebote und Infos zu Beratungsschecks ein. Er informierte darüber, dass der WEISSE RING Opfern von Straftaten vielfältige und bedarfsorientierte immaterielle und materielle Hilfen anbiete und gab einen Überblick über die bundesweiten Strukturen des Vereins. Die ehrenamtlichen Mitarbeiter*innen verstünden sich als Lotsen im (psychosozialen) Hilfenetz und würden auch zur weiteren professionellen Betreuung an Hilfsorganisationen, wie z.B. OEG-Traumaambulanzen, Frauenhäuser und Beratungsstellen weitervermitteln. In Fällen, in denen kein Rechtsanspruch auf eine Behandlung in der OEG-Traumaambulanz bestehe, ermögliche der WEISSE RING durch die Ausgabe eines Hilfeschecks für eine psychotraumatologische Erstberatung (PS) im Wert von 190€ die zeitnahe Vorstellung von Betroffenen bei niedergelassenen Psychologischen Psychotherapeut*innen.

Die Vortragsfolien sowie eine Broschüre des WEISSEN RINGs finden Sie hier zum Download.

Für weitere Infos siehe u.a. auch hier.

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