Wissenschaftlicher Beirat Psychotherapie zur Humanistischen Psychotherapie
Eingangs der Diskussion stellte BPtK-Präsident Munz fest, dass das Ergebnis des Gutachtens zur Humanistischen Psychotherapie (HPT) für viele sehr schmerzlich sei. Insbesondere für die Gesprächspsychotherapie hätte er sich nach der bitteren Vorgeschichte, nicht zuletzt der fehlenden sozialrechtlichen Anerkennung durch den Gemeinsamen Bundesausschuss und den daraus resultierenden Problemen in der Aus- und Weiterbildung, einen anderen Ausgang gewünscht.
Fachliche Unabhängigkeit des WBP ist gegeben
Die BPtK sei neben der Bundesärztekammer eine der beiden Trägerorganisationen des Wissenschaftlichen Beirats Psychotherapie (WBP). Die Trägerorganisationen hätten sich in ihrer Vereinbarung über den WBP verpflichtet, dessen fachliche Unabhängigkeit zu gewährleisten. Die fachliche Unabhängigkeit des WBP stelle eine zwingende Voraussetzung für die Ausübung der gesetzlichen Aufgabe dar. Das bedeute, dass die Trägerorganisationen keinen Einfluss auf die Gutachten des WBP nehmen. Die Ergebnisse der Begutachtung dürften und sollten aus Sicht der BPtK nicht über Prozesse der berufspolitischen Meinungsbildung beeinflusst werden.
Die fachliche Unabhängigkeit zeige sich auch im Besetzungsverfahren der Mitglieder, die von der BPtK berufen werden. Für jede Amtsperiode bitte der Vorstand die Landespsychotherapeutenkammern und die psychotherapeutischen Fachgesellschaften, Vorschläge für die Besetzung einzureichen. Als Kriterien für seine Entscheidung lege der Vorstand dabei zugrunde, dass es sich um Persönlichkeiten handelt, die im Bereich der Psychotherapieforschung wissenschaftlich ausgewiesen sind und als approbierte Psychotherapeuten auch über die klinische Expertise in der psychotherapeutischen Krankenbehandlung verfügen. Der WBP sei ein plural zusammengesetztes Gremium, das auch die unterschiedlichen Professionen und Therapierichtungen berücksichtigt. Dabei verstehen sich die Mitglieder des Beirats nicht als Vertreter einer bestimmten Therapierichtung, sondern als Wissenschaftler mit ausgewiesener Expertise im Bereich der Psychotherapieforschung, die sich bei ihrer Tätigkeit im WBP am Patientenwohl orientieren. Dies sei auch dem BPtK-Vorstand bei der Auswahl der Mitglieder immer sehr wichtig.
Munz betonte, dass er aus seiner beobachtenden Rolle im Wissenschaftlichen Beirat die von außen erhobenen Vorwürfe („Der Beirat hat ein interessengeleitetes Gutachten erstellt“) in keiner Weise bestätigen könne. Im Beirat habe auf der Grundlage einer sehr gründlichen Sichtung und Bewertung der Evidenz eine intensive, ergebnisoffene Diskussion über alle Studien und Stellungnahmen stattgefunden, die im Ergebnis zu dem nun vorliegenden Gutachten geführt habe.
Kritik an Zusammensetzung und Vorgehen des WBP
Dem traten einige Delegierte mit einer deutlich kritischeren Sicht auf die Arbeit des Wissenschaftlichen Beirats entgegen. Sie beklagten einerseits, dass die Entscheidung des WBP, die Humanistische Psychotherapie nicht als Verfahren zu betrachten, für sie nicht nachvollziehbar sei. Nicht verständlich sei, dass die HPT zwar als Grundorientierung akzeptiert werde, aber aufgrund nicht hinreichend operationalisierter und praxisorientierter Kriterien die Anerkennung als Verfahren versagt werde. Wenn man aber zu dieser Auffassung komme, dann hätte der Wissenschaftliche Beirat entsprechend seines eigenen Methodenpapiers die zur Humanistischen Psychotherapie gehörenden Methoden nicht einzeln prüfen dürfen.
Von Seiten der Vertreter der Gesprächspsychotherapie wurde insbesondere kritisiert, dass der WBP die Gesprächspsychotherapie einer erneuten Prüfung unterzogen habe, obwohl hierfür kein Antrag vorlag. Wissenschaftlichkeit könne „nicht anerkannt und aberkannt werden“. Deutlich gemacht wurde, dass mit der Entscheidung des WBP nun gerade auch in der stationären Versorgung erfolgreich eingesetzte Methoden, wie die Gesprächspsychotherapie, aber auch Psychodrama und Gestalttherapie, aufgrund der Legaldefinition des Psychotherapeutengesetzes eigentlich nicht von Psychotherapeuten eingesetzt werden dürfen, da sie nicht oder nicht mehr zu den wissenschaftlich anerkannten Methoden gehörten.
Forschungsförderung notwendig
Das Bedauern um das Ergebnis der Prüfung teilten viele Delegierte, die aber auch deutlich machten, dass nach der letzten Entscheidung des WBP vor 15 Jahren und der Nutzenbewertung durch den Gemeinsamen Bundesausschuss klar gewesen sei, dass die Gesprächspsychotherapie noch mindestens eine methodisch gute Studie im Bereich der Angststörung brauche, um künftig die Hürden der Anerkennung auch beim Gemeinsamen Bundesausschuss nehmen zu können. Eine solche Studie sei nicht aufgelegt worden. Man brauche also konsequente Forschungsförderung, die zielorientiert darauf hinarbeite, dass in der Versorgung bewährte, aber auch neue innovative psychotherapeutische Verfahren und Methoden auch in notwendigem Umfang beforscht werden, um ihre Evidenzbasierung nachweisen zu können.
Diskutiert wurde, ob ein neu besetzter Wissenschaftlicher Beirat zu einem anderen Ergebnis zur Humanistischen Psychotherapie bzw. zur Gesprächspsychotherapie kommen könne. Dies wurde sehr eindeutig als „Bankrotterklärung unseres Wissenschaftsverständnisses“ bezeichnet. Wissenschaft bedeute, dass man auf der Basis von Studien zu Ergebnissen komme und dass diese Ergebnisse nicht davon abhängen, wer die Studie bewerte. Es sei wichtig zu sehen, dass der WBP kein Gremium sei, um den wissenschaftlichen Diskurs zu pflegen, sondern dazu da sei, anhand wissenschaftlicher Kriterien die Wirksamkeit von Psychotherapieverfahren und -methoden zu überprüfen und deren wissenschaftliche Anerkennung festzustellen. Schlussendlich votierte der DPT für einen Antrag, die Diskussion zum Gutachten zur HPT auf einer Veranstaltung weiterzuführen und gemeinsam mit der Bundesärztekammer zu erörtern, wie Rolle und Aufgaben des Wissenschaftlichen Beirats nach der Reform des Psychotherapeutengesetzes aussehen sollten.
Relevante Schritte Richtung Frauenförderung
Der 32. DPT unternahm für die BPtK als erste der Heilberufekammern auf Bundesebene Schritte in Richtung konsequente und verbindliche Förderung der Frauen in den Gremien der BPtK. Eine Arbeitsgruppe von Frauen aus den Landespsychotherapeutenkammern und dem Vorstand der BPtK hatte sich intensiv mit der Frage beschäftigt, wie es der Profession gelingen kann, die Repräsentanz von Frauen in den Gremien der BPtK zu erhöhen. Dies war der Bund-Länder-AG „Frauen in der Berufspolitik“ ein dringliches Anliegen, unter anderem vor dem Hintergrund, dass 72 Prozent der Kammermitglieder Frauen sind. Bei den unter 35-jährigen Kammermitgliedern liegt der Frauenanteil bei über 90 Prozent. In den BPtK-Gremien bildet sich dieses Verhältnis jedoch nicht ab. So ist zum Beispiel im BPtK-Vorstand aktuell nur eins von fünf Vorstandsmitgliedern weiblich.