Anhaltend hohes Interesse für die Online-Fortbildungen des Arbeitskreises „Psychotherapie für Menschen mit Intelligenzminderung“

(LPK BW)

Nach Start im September mit Stefan Meir fanden drei weitere von den sieben geplanten Online-Fortbildungen statt, weiterhin sehr gut besucht mit 170 und 180 Teilnehmer*innen. Sabine Luttinger führte am 23.11.2021 in das Thema „Aspekte der Indikation für Psychotherapie bei Menschen mit intellektuellen Einschränkungen – Was ist relevant?“ ein. Silke Sacksofsky referierte am 18.01.2022 zu „Ich lad‘ Dich ein in meine Welt - Psychotherapeutische Arbeit mit Kindern und Jugendlichen mit intellektuellen Einschränkungen“ und Klaus Diegel am 22.02.2022 zum Thema: „Herausforderndes Verhalten bei Kindern und Jugendlichen mit intellektueller Einschränkung“.

Sabine Luttinger

Vorstandsmitglied Dr. Roland Straub begrüßte jeweils die Referent*innen des Abends und informierte zu Beginn kurz zu den Aktivitäten des Arbeitskreises und zu dessen wesentlichen Anliegen und Zielen. Durch das Fortbildungsangebot sollen Kolleg*innen ermutigt und qualifiziert werden, selbst Psychotherapien für Menschen mit intellektuellen Einschränkungen und einer psychischen Störung anzubieten. Auch soll angeregt werden, sich in regionalen Qualitätszirkeln zu organisieren, auszutauschen und gegenseitig zu unterstützen. Solange in den „offiziellen Suchsystemen“ nur wenige Behandlungsplätze hierfür ausgewiesen bzw. zu finden seien, solle dies durch eine in der Kammer geführte, größer werdende regionale Liste, ausgeglichen werden.

Sabine Luttinger, niedergelassen in Freiburg und eine der Initiatorinnen des Arbeitskreises, die die Kammer von der Wichtigkeit und Dringlichkeit und damit zur Gründung überzeugen konnten, erläuterte in dem engagierten Vortrag einerseits das Spannungsfeld, in dem Fragen zu klären seien, wie etwa, ob und wieviel Psychotherapie möglich und erforderlich sei. Dies führte sie u.a. anhand wichtiger Leitfragen und Besonderheiten bezüglich Rahmen-bedingungen und Versorgungsauftrag aus. Weiter betonte sie die besondere Bedeutung der Findung einer Balance zwischen der Klärung von Auftrag, Indikation und Behandlung meist mit enger Einbindung des Umfeldes. Sie erläuterte ihre Ausführungen anschaulich anhand verschiedener Fallvignetten, in denen sie den Teilnehmer*innen detaillierten Einblick in ihre diagnostisch-therapeutischen Überlegungen und Vorgehensweisen gewährte.

Silke Sacksofsky

Silke Sacksofsky, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin in Reutlingen, ebenfalls Mitglied im LPK-Arbeitskreis sowie im Arbeitskreis Leben Reutlingen/Tübingen, engagiert sich dort regional seit vielen Jahren für Menschen mit Intelligenzminderung und deren psychotherapeutischen Behandlungsmöglichkeiten. Sie leitet dort auch seit Jahren einen Qualitätszirkel.

In ihrem Vortrag gelang es ihr anhand fortlaufend eingebrachter anschaulicher Beispiele vom Vorgehen beim Erstkontakt bis ins konkrete psychotherapeutische Tun die Teilnehmer*innen ständig neu in Bann zu ziehen und sie einzuladen in „ihre Welt“ des Arbeitens mit den Kindern und Jugendlichen. Sie machte dabei anschaulich und deutlich, dass immer wieder viel Kreativität im Finden individueller Lösungen gefragt sein kann. Dies bezogen auf alltagspraktische Fertigkeiten in wesentlichen Lebensbereichen (Schulweg, Verabredungen, Helfen in alltäglichen familiären Abläufen) und immer wieder in der Stärkung der sozialen Kompetenz der jungen Patient*innen im Kontakt durch Erkunden und Erweitern der Ressourcen in Selbständigkeit und Kontakt durch Üben, z.B. das Einüben tageszeit- oder begegnungsangemessener Begrüßung. Besonders wichtig dabei sei vor allem ständige Anerkennung und Bewunderung des Erreichten. Dies auch beim Spielen, Malen, aber auch beim Üben draußen in der Begegnung beim Einkaufen usw. In der Arbeit mit den Eltern gelte es einerseits „Werbeveranstaltungen für die entdeckten oder entwickelten Ressourcen der eigenen Kinder zu machen“, andererseits die Themen Selbstfürsorge und z.B. auch die Trauer der Eltern mit diesen zu thematisieren, dass ihr Kind nicht so ist, wie die anderen.

Klaus Diegel

Klaus Diegel war langjährig Leiter einer Psychologischen Beratungsstelle im Landkreis Esslingen und arbeitete viel mit Familien, Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen mit intellektuellen Einschränkungen. Er war außerdem beteiligt am Aufbau der Frühen Hilfen im Landkreis. Zusammen mit Silke Sacksofsky leitet er den Qualitätszirkel Psychotherapie für Menschen mit geistiger Behinderung in Reutlingen und ist Mitglied im LPK-Arbeitskreis. Freiberuflich ist er in Fortbildung und Supervision engagiert.

Diegel erweiterte in seinem Vortrag das Spektrum psychotherapeutischen Arbeitens mit intelligenzgeminderten Kindern um weitere Facetten, die in Beratungsstellen eher angeboten werden können. Oft erfordere das Verständnis herausfordernden Verhaltens zunächst den Einbezug und das Arbeiten mit der ganzen Familie und auch des sozialen Umfeldes mit Erziehern Lehrern und verschiedenen Fachdiensten. Die Belastung der Angehörigen sei dabei weniger geprägt vom Schweregrad der Behinderung als von den herausfordernden Verhaltensauffälligkeiten, die das Kind im Alltag zeige. Ausführlich ging er anhand von Fallbeispielen auf die Entwicklung solcher Verhaltensauffälligkeiten ein und auf die verschiedenen Intensitätsstufen dadurch entstehender negativer Kreisläufe, deren Verfestigung, Wahrnehmung und Bewusstwerden. Er verdeutlichte, wie und in welchem Setting, diese am besten bearbeitbar und auflösbar seien durch problembezogene Interventionen. Ein wichtiges Ziel solcher psychotherapeutischen Arbeit sei gleichzeitig immer auch, dass die Betroffenen lernten, sich selbstbestimmter äußern zu können und die Erfahrung machen, besser verstanden zu werden.

Dr. Roland Straub

Die zahlreichen Fragen und positiven Rückmeldungen zu dem „anschaulichen“, „spannenden“, „bereichernden“ und „engagiert“ erlebten Vortrag und vor allem die Verdeutlichung, wie wichtig eine „wertschätzende Grundhaltung“ in dieser Arbeit sei, wurden abschließend sowohl in den Wort- als auch in den Chatrückmeldungen besonders hervor- gehoben.

Als Zwischenfazit lässt sich ein erfreulich und anhaltend hohes Interesse für dieses Fortbildungsthema feststellen, mit vielen positiven Rückmeldungen und „inspirierenden Anregungen“. Dies wohl auch dank der Möglichkeit der Teilhabe an der engagierten Arbeit und reichen Erfahrung der Referent*innen. Zwischenfazit: Die Veranstaltungen werden sehr gut angenommen und es bleibt spannend. Die restlichen drei finden im April, Mai und Juli statt. Wir informieren dazu rechtzeitig auf unserer Homepage.

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